Archive for the ‘Glossar’ Category

Funk =

Juni 28, 2016

Funk ist >>die Synthese aus vollfetten Rhythmen, elektrifizierten Sounds und afroamerikanischen Slang-Begriffen<<, schreibt Julian Weber in seinem Nachruf zu Bernie Worrell (Mitbegründer und Keyboarder des Parliament, Funkadelic Kollektivs).

Hier Worrels 1976er Vision einer „Chocolate City“, mit schwarzem Präsidenten, Spitzenmusikern im Parlament und Rhythmusbox als Rückrat…

PS. noch massiver als die elektronischen Handclaps bei George Clintons Truppe, waren die archaischen Jubelklatscher der Isländer nach dem EM-Spiel gegen England!

Ankhrasmation

August 24, 2012

>>[Der Chicagoer Jazztrompeter Wadada Leo] Smith, der seine Musik im Anschluss an die AACM nicht „free jazz“, sondern „creative music“ nennt, entwickelte sogar ein symbolisches Notationsverfahren, „Ankhrasmation“*, in dem Komposition und Improvisation verschmelzen. Dazu verwendet er meist farbige Symbole, die von den Spielern in einem komplizierten Verfahren in Musik übersetzt werden: Zunächst interpretiert jeder Musiker individuell die Partitur, um auf der Grundlage seiner Interpretation Nachforschungen anzustellen. Liest er gelbe Farbelemente etwa als Bananen, so muss er sich mit der Erscheinungsform der Banane beschäftigen, bis hin zu wissenschaftlichen Aspekten wie der chemischen Zusammensetzung der Frucht. Die Ergebnisse werden anschließend in musikalische Eigenschaften „übersetzt“. Die Spieler behalten ihre Interpretation stets für sich, sodass die Summe der einzelnen Deutungen den Ensembleklang ergibt.

Kunst kann, so Smith, auf einer sehr grundsätzlichen Ebene helfen, Unterschiede zwischen Menschen zu verstehen: „Kunst demonstriert eine riesige Vielfalt an Auffassungen über ein und dieselbe Sache.“ << aus dem taz-Artikel „Jeder Spieler ist eine Einheit“ vom 24.08.2012

*Ankhrasmation. Surrealist term coined in 1977 by trumpeter WADADA LEO SMITH to refer to his personal style of musical notation that in part resembled the bizarre, multicolored Sesame Street-scores of ANTHONY BRAXTON. Word is a mash-up of Ankh (Egyptian for “Life Force”), Ras (Amharic for “Father”) and Ma (“Mother”) and like Braxton uses a system of colors, shapes and symbols to indicate to players which direction to take the song (i.e., a symbol to “play orange” means you play the fruit, the color and the mood) Smith attempted to explain: “Ankhrasmation music uses no pictures of notes, no designs of notes; it’s a symbolic interpretation of what’s there. It is a way of making music that has a little bit of both improvisation and composition inside it.” It is advised to sound this word out in front of a mirror several times before using in company of knowledgeable snerds.

Quelle: The L.A. New Music Snerd’s Dictionary of Terms

Appropriation

Juni 12, 2012

>>Sich etwas anzueignen ist ein Prozess, der durchaus etwas Gewalttätiges in sich trägt. Nämlich die Enteignung eines anderen. Bestenfalls wird etwas transformiert und geht von einem Zustand über in einen anderen, ist nicht mehr das eine, sondern das andere.<<

Julia Niemann über Frau Kraushaar

Deep Pocket

März 30, 2012

In the pocket hat was mit Groove zu tun, deep pocket* hingegen kann seinen Gestalter ernähren.

* >>ein Einkommen, das nicht durch Konsumenten zusammenkommt, sondern durch Mittel, die von Entscheidungsträgern wie Stiftungen verwaltet werden.<< Tim Caspar Boehme und Stefan Goldmann in der taz über kreative Geldbeschaffung.

Mikrofonie

März 29, 2012

>>Mit Mikrofonierung wird gern der Begriff Mikrofonie verwechselt, dieser steht in der Tontechnik für einen Störeffekt, bei dem Nicht-Mikrofone ungewollt als Schallwandler dienen.<< Wikipedia

Cumbia

Februar 11, 2012

>>Die zunächst ausgedacht klingende Idee, denselben 3-4-1-Beat im doppelten Tempo noch mal über den Ausgangsbeat zu legen, führt zu einem so verführerischen Tanzbeat, zu so einem inspirierenden, vielfältigste Optionen eröffnenden Startplatz für Musiker, dass hier ein Optimum erreicht scheint, das man erstaunlich einfach aus seinem Ursprungsmilieu herauslösen kann und das sich überall bestens behauptet.<< Detlef Diederichsen in der taz

Wenn ich jetzt nur wüsste, was mit 3-4-1-Beat gemeint ist??? Der Midiclockgenerator wird’s ja wohl kaum sein. Ich fang‘ mal damit an:

Beat-Palindrom

Februar 7, 2012

Wir kennen das Palindrom vor allem als überraschendes Wort, das vorwärts wie rückwärts gelesen Sinn ergibt. Zum Beispiel die Worte Lager/Regal. Besonders schick finde ich die symmetrischen Wörter und Zahlen-Palindrome wie Hannah, Oto, 2442.

Und natürlich liegt jetzt auf der Hand, ein paar  Beat-Palindrome zu bilden:

PS. In der klassischen Musik gibt es dafür den Begriff Krebs. Ein musikalischer Krebs meint das Rückwärtsspielen einer Notenpassage, eine Spiegelung an der Vertikalen. Und zack, habe ich ein assoziatives Icon für dies Übung:

 

Markus Popps Bibliothek

Februar 3, 2012

Tim Caspar Boehme in der taz über die „OvalDNA“ (plus zusätzlicher DVD, auf der mehr als 2.000 Klangdateien lagern und eigens dazu entwickelter Software):

>>Mit Oval, zunächst ein Trio, hat Popp Anfang der Neunziger die Entwicklung des „Glitch„-Genres mit angestoßen, bei dem digitale Störgeräusche und Verfremdungen zu entscheidenden Bestandteilen der Musik gehören. Der Name Oval steht seither insbesondere für den Klang springender CDs, und tatsächlich hat Popp das Sampling, das stückchenweise Verwenden bereits vorhandener Musik, mit so rigoroser Konsequenz betrieben, dass von den ursprünglichen Sounds bei ihm außer strukturiertem Klackern nur wenig zu erkennen war.

>>Für Popp ist dieser Schritt […] ein Hinweis darauf, dass Musik heutzutage mit Software gekoppelt ist: „Eine der nachhaltigsten Entwicklungen der Musikgeschichte ist die Software-Revolution, die die Musik als Ganze sehr viel rasanter verändert hat als Dinge wie der Instrumentenbau oder die Evolution der Spieltechnik.“<<

die unheimliche Wiederkehr der Zukunft

Februar 3, 2012

>>Die Hauntology-Musiker erinnern an die nicht realisierten Utopien der Vergangenheit.<< Hier der taz-Artikel über James Ferrara, der heute Abend auf der Transmediale (@ Berghain Kantine) gastiert. Zuvor könnte man vielleicht noch etwas von der Joshua Light Show mitnehmen.

Und für Nicht-Berliner ein Playback zum Dazutrommeln:

umtopfen!

Januar 11, 2012

Habe mir in einem Rutsch „Raven wegen Deutschland“ reingezogen. Und folgende Stellen unterstrichen:

4OTF >>Gott ist eine grosse Trommel<< Seite 157

Trillerpfeife >>Anfang der Neunziger gehörte sie zur Grundausstattung eines jeden Ravers: die Trillerpfeife. Sie galt als freaky und schick und auch wenn ihr Sound bisweilen nervte, schien es doch, als würde sie niemals aus der Mode kommen, solange Musik mit dicker Bassdrum die Clubs dieser Welt beschallt. Dass dies eine absolute Fehleinschätzung war, kann ein jeder Wochenende für Wochenende beim Raven einer Überprüfung unterziehen. Die Trillerpfeife ist – man muss es so drastisch formulieren – zu einem Utensil für Demonstrationen von abgetakelten Gewerkschaftern verkommen. Und ich sage dies nicht ohne eine leichte Wehmut.<< Seite 85

Sitzraver >>Der Ausruck des Sitzraver bezeichnet eine Person, die zwar auf etlichen Raves anzutreffen ist, aber nie tanzend sondern vielmehr fast ständig sitzend zu sehen ist.<< Seite 84

Mashup-Rezept >>Weil ich zu faul war, einen eigenen schönen Stampfbeat zu bauen, sampelte ich den kompletten Rhythmik-Loop eines 2006 sehr populären Techno-Tracks, dessen Namen ich mittlerweile wieder vergessen habe, setzte, um ihn noch etwas anzufetten und die Möglichkeit der Wiedererkennung zu minimieren, eine weitere gesampelte Snaredrum darüber und spielte mangels passender Ideen und Inspiration dazu den Basslauf eines ebenfalls gerade in der Szene beliebten Stückes, an das ich mich wiederum noch sehr gut erinnern kann, nach. Ich dünnte den Lauf ein wenig aus (für die Strophe etwas mehr) und verwendete, im Gegensatz zum Original, einen extrem knarzigen Sägezahn-Sound, weshalb glücklicherweise bis heute niemandem aufgefallen ist, dass ein Großteil des Songs, der später so etwas wie ein kleiner Hit wurde, einfach geklaut war. Lediglich Melodien, Breaks, Text und Arrangement waren von mir. Was lernen wir daraus? Genau: Gut geklaut ist und bleibt besser als uninspiriert selbst gemacht […]<< Seite 143

Vom Zitat zum Ich >>Sounds nehmen und in andere Kontexte verpflanzen (Umtopfen!)<< Seite 276