Archive for the ‘Rock’ Category

die Grenze vom Geräusch zum Rausch

September 26, 2022

Zum Tod von Pharao Sanders rasseln wunderbare Sätze durchs Feuilleton. Spiegel-Autor Tobi Müller erzeugt mit seiner Überschrift eine Miniatur-Bio, die Lust macht, tief ins Repertoire einzutauchen :
>>Wo John Coltrane noch intellektuell schraubte, fand Pharoah Sanders am Tenorsaxofon den Absprung ins Gleiten: Seine spirituelle Musik ließ selbst den Free Jazz hinter sich und fand auch ein junges Publikum.<<
Und Peter Kempe von FAZ liefert eine Formulierung, die ich direkt als eigene Zielsetzung übernehmen möchte, nämlich die Fähigkeit, die Grenze vom Geräusch zum Rausch zu überschreiten. 
Ich lege „The Creator has a Master Plan“ vom Karma-Album (1969) auf. Billy Hart trommelt:

Jetzt noch zwei schöne Nachrichten aus Amerika, über zwei großartige deutsche Trommlerinnen, die dort derzeit kräftig aufschlagen: Anika Nilles ist (wieder) mit Jeff Beck auf Tour und Philo Tsoungui (ganz frisch) die aktuelle Drummerin von The Mars Volta. Wohoo!

Ball Pompös

Juni 1, 2022

Wie konnte mir Johnny Controlletti nur als top Echodrums-Beispiel durchrutschen? Einmal den kompletten Groove durchs Slpaback Delay, bitte. Anno 1974 in Deutschland…

Dafür musste ich wohl gestern die Einladung zum Lindenberg Konzert in der Festhalle annehmen, mich von Bertram Engels gnadenlosen Viertel-Hihat-Grooves und seinen so geschmackvollen Fill-Ins begeistern lassen – die sogar meine anschließenden Träume bestimmten (hey, ich als fast Tom-loser Schlagzeuger spiele in der Traumnacht über mindestens drei drei Tom-Toms…) – und heute direkt jenes Deutschrock-Album auflegen, das meine Kindheit vertont hatte, „Ball Pompös„.

Fundsachen

April 7, 2022
  1. Aktueller denn je, Hellmut Hattlers Bild „Den Bogen raus„. Wäre auch ne eins a Postkarte, oder?

2. Carter McLeans Hackentrick auf der diesjährigen UK Drumshow

3. Schickes Foto von Paul Motian

4. Die Fusion Playlist für meinen Studenten Jonathan (was fehlt noch?)

5. Ein Statement zum Hybrid-Drumming anno 1984 (aus der d&p 12/84)

6. Die Geschichte des Tages, von Fila Brazillias Steve Cobby:

Take 50

Januar 31, 2022

Hey, es ist das Jahr des Schlagzeugs und ich bin endlich 50. Jetzt werden die dicken Stöcke und die traditionelle (Stock) Haltung ausprobiert 🤩
Vor allem sag ich laut Danke – ans wundervolle Leben, an die Musik als Möglichkeitsraum, an all die tollen Menschen und Unterstützer ❤️

Foto: TJ Krebs

Mit geschichtlichem Bezug zum 30.01.1972 höre ich U2 „Bloody Sunday“ und erfreue mich am Licht im dunklen Song, an Larry Mullens visionärem Drumbeat.

Im direkten Anschluß erklingt Dub-Reggae vom Großmeister King Tubby, kreativ und eigen: Take 5 im Viervierteltakt.

Und nochmals der 30. Januar. Im Jahr 1951 wurde an diesem Tag Phil Collins geboren.
Für den direkten Blogbezug knipse ich aus seiner Autobiograhie „Da kommt noch was – Not Dead Yet“ das super Bild mit Prinz Charles hinterm Simmons Kit ab:

Record Breaker

Mai 14, 2021

Es geht ausnahmsweise mal nicht um „breaks“, auch nicht um sonstige Platten, sondern um einen Rekord der gebrochen werden soll. Laut Moderator Roy Castle einem aus dem Jahr 1939, bei dem Gene Krupa 100 verschiedene Trommeln innerhalb einer Minute angeschlagen hatte.
1987 wurde Cozy Powell für eine BBC Fernsehshow gefragt, ob er in derselben Zeit nicht sogar 400 Einzeltrommeln treffen könnte:

Sieht ja super aus – aber noch lieber ist mir die Kombi von Show und Kontext, sprich Schlagzeugsolo beim Gig:

Und direkt im Anschluß noch „Dance with the Devil“ – mit Wolfgang Schmid und Peter Wölpl – denn genau durch diesen Filmauschnitt der Fernsehserie „Super Drumming“ hatte ich C. P. im Februar ’87 erstmals bewusst wahrgenommen.

That’s alright Mama

Mai 9, 2021

Anders als es die Legende will, waren die Aufnahmen vom Sommer 1953 die Elvis mit Sam Phillips machte, nicht ein Geburtstagsgeschenk für seine Mutter (siehe Tilman Baumgärtel „Schleifen“, Seite 113), ebenso kein Muttertagständchen (auch wenn’s gerade gut passen würde).
Als Elvis Presley die Sun Studios erstmals aufsuchte, war er einfach nur neugierig, wie seine Stimme auf Platte klingen würde, doch als er am 5.Juli 1954 auf Anfrage dort erneut vorsang, erklangen nach der Aufnahme von „That’s alright Mama“ nicht nicht nur die Startschüsse für das Rockabilly Genre und den Begriff des Popstars, auch der experimentierfreudige Tontechniker Sam Phillips setzte durch sein nachträglich – dank zweier Ampex Bandmaschinen – hinzugefügtes, ungemein prägendes Slapback-Echo neue Maßstäbe und begründete Idee und Wert des Produzenten.

Am darauffolgenden Abend wurde die B-Seite „Blue Moon of Kentucky“ aufgenommen, auf der sich das Summen-Echo noch besser nachvollziehen lässt.

Waitin‘ for the Wind

November 21, 2020

Musik-Geschichten.
Detlef Diederichsen erzählt in der taz spannend über das wieder veröffentlichte „Armitage Road“ Album der südafrikanischen Heshoo Beshoo Group. Nun 50 Jahre alt, mit klarem Beatles Cover-Bezug, aber mit einem Sound, der sich >>in einem eigentümlichen Schwebezustand befindet, zwischen funky und relaxt<<.

Halb so (aber auch ganz schön) alt, das erste Kruder & Dorfmeister Album. Obwohl 1995 fertig gestellt, kam es eben erst heraus. Wolfgang Haffner empfiehlt’s mir hieß, nicht zuletzt wegen der vielen Delays 🙂

Und schließlich noch ein Echo Tipp von Matthias Kehrle. „Waitin‘ For the Wind“ der britischen Spooky Tooth. Der Track ist von 1969. Ob die Delay-Drums von Led Zeppelin (siehe „When the Levee Breaks“ und „Heartbreaker“) inspiriert wurden oder ob die vorangegangene Albumproduktion mit dem Elektroniker Pierre Henry noch dezent nachwirkte? Hätte gerne den damaligen Produzenten Jimmy Miller dazu befragt…

We dedicate this album to acoustic and electric woman and man alike

September 21, 2020

Das Cover des „Electric Ladyland“ Album hat nicht nur für kontroverse Diskussionen gesorgt, Jimi Hendrix hätte anstelle der neunzehn nackten Frauen auch viel lieber die Fotos von Linda (McCartney) verwendet, auf denen die Bandmitglieder und ein paar Kinder auf der Alice in Wonderland-Statue im New Yorker Central Park gemütlich herumhängen.
Auch die Widmung des Albums – die ich in der sehenswerten 2013er Doku „Hear my Train A Coming“ eben auf Arte entdeckte – wurde zunächst nicht mitgedruckt.

Dabei ist die doch großartig:
>>We dedicate this album to acoustic and electric woman and man alike, and to the girl at or from or with the button store, and Arizona, and Bil of some English town in England, and well, EVERYBODY.<<

Hätte auch hervorragend als Schlusspunkt zum Echodrums Buch gepasst…

Kopfweh!

Juli 29, 2020

116337592_10161138329031509_6371164569725026837_n

Als Tennie liebte ich nicht nur Jazzrock, sondern war auch ein großer Fan von Rodgau Monotones (der einzige Act an den ich jemals so richtige Fanpost in Briefform geschrieben hatte und prompt mit dem Aufkleber „Nur Fliegen sind schöner“ belohnt wurde, vermutlich die einzige Band bei der ich was vom Text mitbekommen habe…). Zwanzig Jahre später wurde dieses Feuer abermals entfacht, als ich mit Henni Nachtsheim unterwegs war und wir viele Konzerte im Doppelpack mit den Monotones spielten. Wieder entzückte mich die best eingespielte Liveband, dieser EINZIGE stimmige Organismus – mega Energie, hammer Groove (und fantastische Fill-Ins)!
Und gestern schreibt ihr Rückgrat und grandioser Rock-Drummer Mob Böttcher in FB, dass er sich aufgrund des schlimmer werdenden Tinnitus vom Schlagzeugen mit Bands verabschieden muss/wird.
Oh, weh. Das schmerzt sehr!

Vermutlich ist ein derartiger harter Cut wichtig und richtig! Und vielleicht verhilft gerade diese Pause zu Besserung, Reset und Neustart? Diesbezüglich krame ich eine alte Textstelle hervor, vertraue insgeheim der Rodgau Rock’n Roll Therapie und hoffe das Beste (egal wie lange diese Woche braucht):

>>Ein Kilo Bass für den Magen
Und sechs Saiten Stoff für den Kopf
Du brauchst gar nicht lange zu fragen
Sogar Nonnen stehen dabei Kopf
Und hast du im Ohr einen K-k-k-knoten
Dann lass dich weiter nicht störn
In einer Woche, da kannste wieder hörn<<

Mit tiefer Verbeugung: alles Liebe und Gute Dir, Mob!!
Und ich tauche wiedermal ein:

1984

2008

 

Layering im Rock

Februar 2, 2020

Eigentlich wollte ich meinen Schülern nur schreiben, dass sich die Idee der musikalisch platzierten Rhythmus-Schichten („Layer“) locker vom Dancefloor auch auf andere Genres übertragen lässt…

The Police

Next to you“ war immer schon mein Police-Favorit. Ein einzigartige Kombi aus Punk und Eleganz, radiotauglich. Und dann noch Stewart Copeland, bei ihm passt für mich alles – von der Optik bis zur Trommel-Attitüde. Und sein stets nach vorne gebeugte Timing, dass nicht hektisch oder zickig wirkt, sondern eher nach:
dringend was machen, ein Energiepaket übergeben…

Vorhin fiel mir aber noch ein anderes Detail auf: Wenn man sich mal analytisch auf das Beat-Design des Songs einlässt, wird bestimmt auch ein Layer um Layer schichtender Programmierer der DJ-Kultur anerkennend nicken:

– klares Snare-Signal zum Einstieg
– Intro reduziert auf Toms und Snare
– für den Vers kommt die Hihat hinzu, kümmert sich um Puls und Drive.
– Stop bzw. Drum-Mute bevor man zum nächste Level wechselt:
– im Refrain dann Ridebecken, dessen Glocke und Crashes, höhere Frequenzen und Synkopen zur weiteren Steigerung…