Archive for the ‘# den Rahmen erweitern’ Category

bewegen!

Mai 21, 2023

Die Woche war bewegend. Der Montag drehte sich noch darum, den persönlichen Kreislauf wieder anzukurbeln. Dienstag dann HfMDK (u.a. mit Stanley Randolphs „Honey“ und fantastisch klingenden vintage Sonor Congos aus dem Klassik-Lager), um dann am Mittwoch und Donnerstag (zum zweiten Mal) mit den Offenburgern Fachhochschülern ein dezent gesteuertes, improvisiertes Konzert zu entwickeln. Diesmal nicht auf dem Campus, sondern im ehemaligen Schlachthof, nämlich im Rahmen des 11 Räume Festivals.
Die Arbeit mit diesem Dutzend Musikmacher war erneut beeindruckend, geprägt von enormer Spiel-und Experimentierfreude, großen Augen und Ohren. Spielen mit und fürs Kollektiv – mega! Hey, danke lieber Markus für die Einladung!

Das Festival selbst war kunstvoll, zudem ich erlebte ich wunderbar charmanten Lo-Fi-Trap mit Inan€, sowie das Solo-Brett von Cucumbrconcert.

Und immer wieder Thema, die KI.
Professor Ralf Lankau, einer der Vortragenden, wünscht in seinen aktuellen Schriften einen ergebnisoffenen, interdisziplinären Diskurs anstelle des fortschrittsgläubigen Technikdeterminismus und Utilitarismus – treffend umrahmt vom (vermeintlichen?) Einstein Zitat:
>>Nicht alles, was zählt, ist zählbar, und nicht alles, was zählbar ist, zählt<<

Am Freitag reiste ich mit der Schwarzwaldbahn weiter zum Jazzfest Rottweil (schön mit dem neuen SBTRKT Album auf den Ohren). Dort erfuhr ich im Gespräch zwei positive KI-Gegenstücke: einmal die StemRoller Freeware („separate vocal and instrumental stems from any song“) als Alternative zur Moises App, sowie die Erkenntnis, dass dank „machine learning“ zwar jegliche persönlichen Bausteine eines Künstlers eingelesen und auf ähnliche Weise reproduziert werden können, das Persönliche selbst jedoch – was beispielsweise einen Konzertabend ausmacht (angefangen vom Bewusstsein der besondern, einmaligen Konstellation aus Bühnenmenschen und Publikum, über den direkten Draht zu den Zuschauern, hinzu spontanen Reaktionen) – davon ausgeklammert sein wird…

Übrigens, SBTRKT (aka Aaron Jerome) ist nicht nur ein heißer Produzent, sondern auch ein top-notch hybrid drummer!

PS. Passend zur Überschrift wurde die ganze Reise selbstredend mit Bus, Rad und Bahn durchgezogen!

The Harpejji 

Mai 15, 2023

Die Geschichte des Harpejji-Instruments passt hervorragend zum „Rahmen erweitern“. Sein Erfinder Tim Meeks vergleicht die Berechtigung dieses Hybrids aus Klavier und Gitarre mit der Weiterentwicklung (aber auch parallelen Existenz) von Ski und Snowboard.

Lautstärkenkontrolle

April 6, 2023

Leise trommeln (können ist gar nicht immer so easy). Lohnt sich, geübt zu werden.
Weil es
a.) oft DIE musikalischte und optisch angenehmste Lösung ist (I hate drum shields…)
b.) verdammt kompakt (und fett) klingen kann
c.) die Verquickung mit elektronischen Klangerzeugern oder Zuspielern vereinfacht
d.) die typische Erwartungshaltung von Vordergrund/Hintergrund auf den Kopf stellen kann

Manchmal – ich denke da an krasse Venues (riesige Kirchenschiffe, Jazzclubs, in den die Gäste schier gar mit auf der Bühne sitzen) und spezielle Settings (Crossover mit Orchester, One Point Recordings, Galas im Flüsterbereich, Musik mit rein akustischen Instrumenten) – verhilft neben einer kontrollierten Spieltechnik die Präparation des Drumkits zum guten, balancierten Sound.
Und zack, entsteht auch die Möglichkeit, neue Kandidaten in den Vordergrund zu stellen – wie hier die getretene Caxixi:

Die Protagonisten dieses Films sind: alternatives Schlagmaterial (Vicfirth Remix Brushes & Dualstick), eine 12“ DIY closed Hihat aus Meinl Byzance Splash (top) und Safari-Bottom (mit 10“ Muffin zwischen den Becken), einem 16“ Muffin auf der Standtom, einem 14“ Meinl Cymbal Mute auf der Snare und eine mit Evans db One befellte 20“ Kick. Der linke Fuß bewegt mittels zweiter Hihatmaschine eine Meinl Caxixi, die durch die Kombi von Hihatclutch und Cympad gehalten wird.
Der Sound kommt unbearbeitet aus dem iPhone12. 

Music, a gateway to the future

März 28, 2023

Zum Frühstück gesellte sich „Chick Corea Plays“. Als am Ende der zweiten CD die Children‘ Songs erklangen, merkte ich wie einfach und schön sich dazu verschiedene Basstöne summen ließen, zack war ich auch schon im Schlafzimmer, um den Preci zu holen und dann: Session mit Chick. Der Laie mit dem Meister…
Bereitete einen riesigen Spaß und funktionierte bestens. Eigentlich erstaunlich, wo ich doch überhaupt keine Ahnung hatte, was in den Stücken passiert (und auch nicht wirklich Bass spielen kann).
Es scheint zu funktionieren, weil ich mich furchtlos und motiviert darauf einlassen konnte und ab diesem Moment offenbar die/meine Formel zur Spiritualität greift, nämlich das angenehme sich getragen fühlen (das sich nicht wirklich erklären lässt, aber ungeahnte Fähigkeiten freisetzen kann)…

Anyway, unter Strich, ein guter Morgen, der mit folgendem Zitat aus dem erwähnten Chick Corea Album geistreich in den Mittag überging:
>>I view all music as happening right now. When I play [… hier kannst Du Deine Lieblingsmusiker/komponisten eintragen] or when I’m improvising with no theme, it’s all right now. Music at this ideal wavelength has no chronological time – past or present. It’s all present, very present. The present can get wider and wider. It can become a very big space.
Music can then become a gateway to the future.<<

PS: Foto während des Augustentalks von Helmut Elks Oelke


Spirits

März 22, 2023

Am Sonntag passiert Fola Dadas „Augustentalk“ (das interdisziplinäre Gesprächskonzert) unter der Überschrift Spirits.
Gestern bei der Kaffeezubereitung entstand die Idee, dazu einen kleinen Impulsvortrag zu halten, einfach aus dem Bauch heraus mal meine persönliche musikalische Verbindung mit diesem Begriff aufzufächern (so wie ich das schon – erprobterweise, leidenschaftlich und eigentlich auch mühelos – bei zahlreichen Workshops zu egal welchem Thema praktiziert habe).

Jetzt erstaunlich: denn erstmal kam nichts. Gar nichts.

Also auch kein Kaffee, sondern Konzentration, um tröpfchenweise ein paar wenige Bezüge zu Tage zu fördern.
So dachte ich zuerst an meine singende Mama, bei der es eindeutig die Verbindung von Musikmachen und Spiritualität gibt (sei es das Strahlende, Überspringende, Ansteckende oder gar die heilende Kraft der Musik, sei es eine Art von Getragensein – egal ob kirchliches oder weltliches Repertoire), mir kam Spiritual Jazz in den Sinn (Coltrane, politische Emanzipation und kulturelle Selbstvergewisserung) und nach der direkten Übersetzung des lateinischen Ursprungs auch folgende Gedanken:
– Atem
Auf die Atmung kann man sich verlassen, sie funktioniert automatisch und selbstständig, dennoch reagiert sie spürbar auf äußere Umstände (Lampenfieber, körperliche Verausgabung, Ruhe) und beeinflusst dadurch wiederum unser Spiel bzw. unseren Spielraum.
Dank dieser Erfahrungswerte lassen wir uns bewusst auf den Vorgang des Atmens ein, können einerseits seine Zeichen erkennen, um dementsprechend darauf zu reagieren, andererseits auch lernen, die Atmung und damit unsere musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten (teilweise) zu beeinflussen. Achtsamkeit entsteht.
Auch Musik sollte atmen. Pausen und Platz sind toll, aber auch atemlose Passagen oder die Verselbständigung eines Vorgangs. Und wir Musikmachenden dürfen reagieren (Fola hat im Verlauf des Abends diesbezüglich den Begriff der Resonanz ins Spiel gebracht), uns aktiv einbringen, im Idealfall achtsam die Mitspielenden (auch das Publikum) integrieren. Musik entstehen zu lassen ist nie ein einseitiger Vorgang, auch nie ein rational eindeutig vorhersehbarer Prozess.
– Hauch, Geist
Sowohl der Hauch, als auch ein Geist sind nicht greifbar. Und dennoch gewichtig, vor allem spürbar. Ich denke an die leisen Ghostnotes beim Trommeln (die nicht selten einem rhythmischen Pattern zum Groove verhelfen), natürlich an den „Ghost in the Machine“ (jene Überraschungsmomente im Umgang mit elektronischen Klangerzeugern) oder an musikalischen Klebstoff (z.B. die eng beieinander stehende Band, der Summenkompressor oder ein zum Stock in die Hand genommenen Shaker).
Der Geist aus der Flasche hingegen hat mich bis dato nie sonderlich beeindruckt, jedenfalls nicht als Starthilfe (Sprit!) fürs Musikmachen. Mit Genuss hingegen verbinde ich viel Positives: Mut zum Risiko, Neuland, Wohlgefühl.

Ich war gespannt, was mir das Netz zur Überschrift verraten würde. Als ich später den Wikipedia-Artikel aufschlug, erklärte dieser mein anfänglich gedankenloses in der Luft stehen:
>>Spiritualität ist die Suche/die Hinwendung/die unmittelbare Anschauung oder das subjektive Erleben einer sinnlich nicht fassbaren und rational nicht erklärbaren transzendenten Wirklichkeit.<<

Offenbar fühle ich beim Musikmachen derart wohl und von (etwas nicht Erklärbarem) derart getragen, dass ich mir gar keine Gedanken darüber machen muss…