Bin mal eine Woche abgetaucht und habe direkt mein Alltagsgefühl für Zeit und Umgebung völlig verloren. Eine Woche lang Drums’N Percussion Paderborn, eine große Schleife aus Unterricht, Konzert und selber üben, kaum Schlaf, dafür eine extra Reisetasche voller Ideen (die mir Rückfahrt nicht gerade leichter macht…)
Normalerweise würde ich in Bezug auf ein Rhythmusfestival das mit Wasser positv besetzte Wort
eintauchen dem negativ konnotierten
abtauchen vorziehen, aber nach der schönen Überlieferung von
Hakim Ludin, in der einem wissbegierigen Schüler geraten wurde, er möge unbedingt abtauchen, sich unter die Erde begeben, um dort – ohne jegliche Grenzen – reisen und interessante Gleichgesinnte treffen zu können, passe ich den Wortschatz gerne an 🙂
Erzählen und reisen wurde die große Überschrift, unter der die Parameter Vokabular und Stimme (die menschliche, aber auch die persönlich getrommelte), Kommunikation und Interaktion die Inhalte formten: Angefangen mit den unterschiedlichsten Groove-Traditionen rund um den Globus, über
Konnakol zu
deutscher Gegenwartsliteratur, vom Toaster zu Hiphop, von der DJ Kultur zum bewussten Regelbruch und Neuordnung der Bausteine – und immer wieder unter die Erde (oder auch ins Internet?) – soviel Bezugspunkte, soviel
Klang und Musik. Und wenn ich das nächste mal gefragt werde, was ich denn so treibe, wird die Antwort lauten >>I interplay the drums!<<
Mein persönliches Highlight ereignete sich gestern während des Soundchecks, als zur Fehlerbehebung – bzw. zur Frage, ob aus der Leitung vom Monitorpult überhaupt ein Signal am Kabelende ankommt – kurzhand ein SM57 an ebendieser Stelle eingesteckt und zum Testton-Lautsprecher umfunktioniert wurde. Nicht weniger elegant war die Frisbee-Runde nach dem Konzert – mit derselben Wurfscheibe die übrigens
schon 2008 in Paderborn mit dabei war…
Ansonsten wurden vor allem immer wieder schöne Erinnerungen heraufbefördert – hach, Nostalgie – tollerweise durch neue Inhalte vergrößert. Beispielsweise Bodypercussion mit
Udo Dahmen (zu noch früherer Stunde als seinerzeit beim
Popkurs), oder der unverkennbare Trommelstil von
Simon Phillips, der mich direkt zurück in ein nachmittägliches
Superdrumming Stündchen (in schwarzweiss) ins Jahr 1987 zurückkatapultiert (
Hallo, Peter!) , dann die fantastischen Geschichten und das immense Wissen von Hakim, sowie die hochmusikalischen
Drumbassadors, die egal ob unisono oder komplementär, melodisch oder funktional – immer technisch brilliant UND humorvoll agieren können – da wird
Blowbeat zum Imperativ! – und heuer auch noch mit zwei
TC Helicon Vocodern – Joe Zawinul wäre begeistert – die kleine Elektronikkiste geöffnet haben. Die psychoakustischen Darbietungen des Prism-Sound Menschen Jody Thorne bescherten mir ein nachhwirkendes „Aha“ und einen schönen Merksatz zu „music & speech“. Mit den Bassisten
Tim Landers und
Armand Sabal-Lecco, sowie Keyboarder
Philippe Saisse waren auch noch Helden meiner Fusion-Vergangenheit vertreten, mit Tokünstler
Al Schmitt sogar eine lebende Legende. Wow!
Last not but least möchte ich mich ganz herzlich bedanken: bei Stephan Hänisch und der Firma Meinl für die Bereitstellung des beeindruckenden
Tama Fat Spruce Kits (brandneu, aber mit nostalgischen Kesselmaßen nach genau meinem Geschmack), der wohlklingenden
S.L.P. Alu-Snare, der neuen
Tama „Lightware“ und des stimmigen Beckensatzes, bei Christoph Bünten (Roland) für die elektronischen Mitbringsel (TR-8, SPD-one), beim Initiator Uli Frost für die Einladung, bei den vielen Helfern, ohne dieses Kreuzfahrtschiff nicht hätte ablegen können, vor allem bei euch, den Teilnehmern und dem Publikum – die ihr letztlich dem Ganzen den Sinn einhaucht.
Bis bessere Fotos eintrudeln müsst ihr mit dem Platzhalter-Selfie vorlieb nehmen:
PS. dass die Frankfurter Rundschau am selben Tag ebenfalls zum Thema schrieb, war nicht abgesprochen…