Die Woche war bewegend. Der Montag drehte sich noch darum, den persönlichen Kreislauf wieder anzukurbeln. Dienstag dann HfMDK (u.a. mit Stanley Randolphs „Honey“ und fantastisch klingenden vintage Sonor Congos aus dem Klassik-Lager), um dann am Mittwoch und Donnerstag (zum zweiten Mal) mit den Offenburgern Fachhochschülern ein dezent gesteuertes, improvisiertes Konzert zu entwickeln. Diesmal nicht auf dem Campus, sondern im ehemaligen Schlachthof, nämlich im Rahmen des 11 Räume Festivals. Die Arbeit mit diesem Dutzend Musikmacher war erneut beeindruckend, geprägt von enormer Spiel-und Experimentierfreude, großen Augen und Ohren. Spielen mit und fürs Kollektiv – mega! Hey, danke lieber Markus für die Einladung!
Das Festival selbst war kunstvoll, zudem ich erlebte ich wunderbar charmanten Lo-Fi-Trap mit Inan€, sowie das Solo-Brett von Cucumbrconcert.
Und immer wieder Thema, die KI. Professor Ralf Lankau, einer der Vortragenden, wünscht in seinen aktuellen Schriften einen ergebnisoffenen, interdisziplinären Diskurs anstelle des fortschrittsgläubigen Technikdeterminismus und Utilitarismus – treffend umrahmt vom (vermeintlichen?) Einstein Zitat: >>Nicht alles, was zählt, ist zählbar, und nicht alles, was zählbar ist, zählt<<
Am Freitag reiste ich mit der Schwarzwaldbahn weiter zum Jazzfest Rottweil (schön mit dem neuen SBTRKT Album auf den Ohren). Dort erfuhr ich im Gespräch zwei positive KI-Gegenstücke: einmal die StemRoller Freeware („separate vocal and instrumental stems from any song“) als Alternative zur Moises App, sowie die Erkenntnis, dass dank „machine learning“ zwar jegliche persönlichen Bausteine eines Künstlers eingelesen und auf ähnliche Weise reproduziert werden können, das Persönliche selbst jedoch – was beispielsweise einen Konzertabend ausmacht (angefangen vom Bewusstsein der besondern, einmaligen Konstellation aus Bühnenmenschen und Publikum, über den direkten Draht zu den Zuschauern, hinzu spontanen Reaktionen) – davon ausgeklammert sein wird…
Übrigens, SBTRKT (aka Aaron Jerome) ist nicht nur ein heißer Produzent, sondern auch ein top-notch hybrid drummer!
PS. Passend zur Überschrift wurde die ganze Reise selbstredend mit Bus, Rad und Bahn durchgezogen!
Immer schon interessierte mich brennend, ob es einen formelhaften Bezug für erhöhte Körpertemperatur (Fieber) und die Herzfrequenz (bpm) gibt. Und tatsächlich spuckt die Googlesuche diesbezüglich ein ungefähres Verhältnis aus: +1 °C / +7bpm
Diese Wechselwirkung möchte ich selbstverständlich empirisch nachprüfen, sprich, in den verschiedensten Situation die Körpertemperatur messen und parallel dazu die Herzfrequenz notieren. Letztere Aufgabe ist gleichzeitig ein schönes Rhythmusspiel, nämlich den eigenen Pulsschlag (dank dieser Hilfskrücken) mit einer eindeutigen Tempozahl zu versehen – „inner clock“ wortwörtlich genommen, Achtsamkeit praktiziert. Meine Geschwindigkeitsmessung verifiziere ich wiederum mittels Smartphone und der Instant Heart Rate App.
Darüberhinaus spannend, die Frage: steht der persönliche Standard-Puls irgendwie in Relation mit favorisierten Tempi oder dem ad-hoc getrommelten Beat beim Soundcheck?
Ach ja, einen Apple Airtag habe ich nun auch. Jedoch nicht fürs Stickbag, sondern für den Schlüsselanhänger meines Vaters…
Ich bin eigentlich nicht so der „Guinness Buch der Rekorde“ Typ. Heute jedoch ausnahmsweise schon. Denn in Amsterdam gibt’s legendäre Trommler zu bestaunen, nämlich den vermutlich teuersten und kunstvollsten, Jacob Jorisz – er ist rechts unten im Rembrandt Megaklassiker „Die Nachtwache“ aus dem Jahr 1642 zu sehen, sowie RBMA-20, seines Zeichens größter analoger Stepsequenzer der Welt (und lädt zum Bespieltwerden ein). Also, ab in die dementsprechenden Museen, ins Rijksmuseum bzw. Our House.
Leider ist der Dubreggaeproduzent und Soundsystempionier Jah Shaka gestorben. Anlass, um einiges nachzuhören: >>Ein wirkungsvoller Uptempo-„Four on the Floor“-Beat, der mehr treibt als dass er groovt, weil jede Viertelnote von der Bassdrum betont wird. Von dem Drummer Leroy Horsemouth für Burning Spears „Red Gold And Green“ [1975] zwei Dekaden zuvor erstmals oftensiv in den Reggae gestampft, danach von Sly Dunbar im Channel neu konfektioniert, geht er unter dem Namen „Steppers“ in die Annalen des Reggae ein und wird in England als „Steppaz“ zum Evangelium der Sound Systems. Deren Prophet heißt Jah Shaka. Der um 1950 in Clarendon geborene Jamaikaner ist seit 1956 in England, seit den frühen 1970ern betreibt er ein Sound System. Auch bei ihm läuft die „Kunta Kinte“-Dubplate aus dem Channel One Studio in Dauerrotation. Shaka ist kein Engineer, er bestellt Dub, produziert Dub und legt Dub auf. Damit etabliert er sich, ohne selbst zu mischen, als eine der einflussreichsten Personen der englischen Dub-Szene. Für den Rastafarian ist Dub-Musik eine „spirituelle Ressource“, bei der die Anwesenheit Jahs in den Vibrationen des Basses spürbar ist. Die Basswellen aus den überdimensionierten Lautsprecherwänden der Sound Systems bewirken, dass Musik nicht nur gehört, sondern auch körperlich gefühlt wird. Für Shaka ein heiliges Ritual, das der Steppers Beat befeuert. Marschieren und vibrieren – acht, neun Stunden oder länger legt er auf, ohne Unterbrechung, ohne Pause, bis er und die Besucher seiner Dances in einen tranceähnlichen Zustand verfallen.<< (aus Helmut Philipps „Dub Konferenz„, Seite 235f)
Hier ein Ausschnitt aus Franco Rossos Film „Babylon“ (1980) – mit viel Piuu und Dub Sirene!
Heutiger Tipp von Claus Hessler, die eins a WDR Big Band Play Along App für Jazz und Bigbandfreunde. Umsonst und mit allen gängigen Features (Einzelspuren-Mix, Tempo/Tonart-Änderung, Sheet-Dowload, mp3 Export und sogar eine Loop-Funktion). Wow! Die GEZ macht’s möglich?
Passend dazu ein Schnipsel aus dem Modern Drummer „Mag „The Drum Gods“ Special über Roy Haynes: >>On Chick Corea’s classic 1968 album, Now He Sings, Now He Sobs, Roy introduced the world to a new sound – the flat ride. Since then, this cymbal has become a Roy Haynes signature. „| didn’t know that using a flat ride was going to make an impact like that,“ Roy reflected. „| just loved the sound. I liked to do things differently from anyone else. When every- one else is doing the same thing, I like to get away from it and try something new.“<<
Gestern ging’s unter anderem um Bestenlisten, um die Benennung von Highlights. Heute folgt das praktische Beispiel, ein gefilmtes Drum-Along zum momentan Lieblingslied. Neulich ist mir mal wieder das tolle Album „Peace Beyond Passion“ von Meshell Ndegeocello in die Hände gefallen und ich bin direkt bei Track Nr. 2 hängen geblieben; habe immer wieder „The Way“ gehört, von den dortigen Lieblingsstellen gar geträumt und jetzt – zehn Tage später – einfach mal Schlagzeug dazu gespielt. Das ist zwar alles rough – vom bloßen Kameraton hin zum wilden Spiel – dafür frisch und „phrasig“ (damit meine ich das Mittrommeln bzw. Illustrieren all der lieb gewonnenen Phrasen, was ich vermutlich bestimmt so nicht spielen würde, wenn ich mich „klassisch“ auf den Track vorbereitet hätte). Erkenntnisse: 1. Zeit verhilft zum Tiefgang 2. Intensives Hören ist auch üben 3. Mal ungeniert die persönlichen Lieblingsstellen mitzutrommeln, ist vielleicht nicht immer Song-dienlich, eröffnet aber erfrischende Spielweisen und befördert überraschende Ergebnisse jenseits des Originals/jenseits des persönlich Typischen ans Tageslicht. Übrigens, das Schlagzeug des Originals habe ich mit der Moises App entfernt.
Zum Abschluß noch ein paar unterschiedliche Live-Versionen von „The Way“:
hey, ich war heute in der Musikhochschule, im neu eröffneten MOMEM (dem Frankfurter Museum für Elektronische Musik), bin beim Mithören quer zum Ableton-Artikel über Paradox (jenem Breakbeat-Meister, der A schon ein fettes Feature im Schlagzeugmagazinbekommen hatte, ohne jemals einen Drumstick gehalten zu haben und B ganz klassisch mit Commodore Amiga plus Akai S32000 Sampler produziert und sich damit auch auf der Bühne stellt!) tief in Drum’N Bass Beats versunken…sprich, pausenlos tolle Musik! Doch der schönste und alles übertönende Nachklang kommt vom gestrigen Geburtstagsfest:
Um all die Eindrücke zu einer stimmigen Botschaft zu verdichten, lege ich Joo und mir ein Ständchen zwischen die Lippen, packe einen Paradox-Break und etwas Kulturatmo aus dem Museum darunter… und wünsche Dir, lieber Hellmut, alles Liebe und uns noch viel gemeinsame „electrica salsa“!
Während der vergangenen drei Drummer-Treffen gab’s einiges zu entdecken, deshalb nun hier der Nachtrag (fürs Publikum) und ein Inspirations-Notizzettel für mich.
Matthias Peukers Schätze vor dem Objekt klein a
Meine Grundidee für alle drei Veranstaltungen war, nicht nur zur Lieblingsmusik zu trommeln*, sondern dabei auch mal aktiv ins Playback einzugreifen (wie es ein DJ oder remixender Produzent tun würde). Läuft meine Zuspielung durch ein kleines Mischpult kann ich am Equalizer drehen, um Frequenz-mäßig Platz zu schaffen (Bässe raus, mehr Spielraum für mein Kick-Pattern; Höhen raus ums Playback in den den Hintergrund zu schieben) oder ich ziehe den Lautstärkeregler für rhythmische Mutes in Betracht. Diese Idee kann ich selbstverständlich auch digital abbilden. Dort kann ich darüberhinaus auch mit der Geschwindigkeit spielen und die Tracks in einen komplett anderen Kontext transformieren. Dazu gibt es hier einen Beitrag, respektive einen Ableton Song. Zudem beschäftigte ich mich im Vorfeld mit der djay App, dank deren Neural Mix™ Option sich aus vollständigen Songs Beats, Vocals und Bässe extrahieren lassen. Damit erstellte ich ein paar Acappellas, die ich über andere Tracks schichten konnte (Mash-Up 2.0). Passenderweise verwendete Daniel Schild bei seinem Workshop eine ähnliche KI, nämlich die Moises App (die vor allem in der Freeware Ausgabe schon die Separation ermöglicht).
*Zur Lieblingsmusik-Schlagzeugspielen erlaubt im Vorfeld schon verschiedene Überlegungen, Übungen und Optionen: ich kann zunächst versuchen, die Rhythmus-Vorlage in puncto Pattern/Sound/Attitude zu extrahieren und im Wesentlichen live umzusetzen. Eine andere Möglichkeit – auch schön – wäre, sich einen Platz zu suchen, der das Vorhanden eben nicht doppelt, sondern musikalisch ergänzt. Und in einem weiteren Schritt wähle ich bewußt Titel aus, die im Original ohne (oder nur mit dezenter) Schlagzeugbegleitung auskommen, vielleicht gar was ganz sphärisches oder nur ein Acappella…
Hier jedenfalls mal meine verwendeten Songs:
Neben der zugespielten Musik hatte ich als Reminiszenz an die DJ-Culture noch zwei strombetriebene Kistchen dabei, das Roland-SPD:One Electro (für Handclap, Boom und Noise-Fahnen) und mein treues Boss Space Delay (zum Echodrums Thema habe ich tatsächlich ein ganzes Buch geschrieben. Wer also tiefer einsteigen möchte…) Klaro, die Überschrift lautete ja auch „den Rahmen erweitern„.
Die angedeute Grüntee Anekdote, bzw. wie der Beckensound der TR-808 entstanden ist, will ich gerne verlinken.
Und als Abschluss zum Thema (bzw. meinem Antrieb), jenseits der Bedienungsanleitung und gängigen Klischees zu forschen, hier noch das erfrischendes Experiment, auch mal die eigenen Parameter und Prinzipien auf den Kopf zu stellen. Ein andere Blickrichtung kann ebenfalls schön sein. Diesen Ansatz hat Henry Ford geschickt formuliert: >>Wer immer nur tut, was er kann, bleibt immer das, was er schon ist.<<
Ansonsten gab’s viele motivierende „Hallos“ und gute Gespräche mit Claudio Spieler Anika Nilles über schon im Vorfeld anvisierte Notausgänge (was tun, wenn plötzlich die Technik zickt?) Gergo Borlai übers musikalische Trommeln, besser gesagt: Musikmachen Komfortrauschen (Tim Sarhans Trio) über ihre elektronische Vision und ihren Ansatz technoide zu komponieren Yi1 – die Fotos von Philipp Schühles Badenudel-Piezo-Snare werden nachgereicht… Daniel Schild zum Thema „Reverse Engineering“ damaliger Aufnahmepraktiken und sein Hinweis auf die Moises App Hanno Busch (aus Jost Nickels toller Band) über sein Moogerfooger Setup Gleb, er brachte Imogen Heap und ihre „Ableton Controlling Gloves“ ins Spiel David „h0wdy“ Hodek – hatte ich leider verpasst, aber er hat mir netterweise sein Kick-Pedal geliehen! Oliver Himmighofen: er berichtete von Songs, bei denen man offenbar das Snare-Gate schlampig eingestellt hatte, so dass die erste Hihat Achtel- oder Sechzehntelnote, die auf den Backbeat folgt lauter klingt als alle anderen. Daraus lässt sich eine eins a Akzentübung entwickelten, die ich fortan (anknüpfen an die Kompressormaske) „dirty gate“ nennen möchte. 9ms (Flo König, Simon Popp), deren ausgechecktes Setup eine elektronische Ästhetik ohne Computer und Clicktrack ermöglicht.(Supergut, das mittels Piezo abgenommene, ins Echo geschickte Beckensignal, dessen breiter Effekt durch Kick und Sidechain-Compressor im Zaum gehalten und rhythmisch-musikalisch verarbeitet wird.) Max Gärtner – er beschäftigt sich zur Zeit mit Transducer, um damit Trommeln durch eine bestimmten Frequenz zum Schwingen anzuregen. Und die Reisetrommelkoffer Idee von Matthais Peukers „Drumsonite“ ist immer wieder gut und schön anzusehen!
Simon hat übrigens schon wieder ein neues Solo-Album mit dem Titel „Devi“ am Start. Wow! Hieraus der Track „Jilu“ mit kurzem Stereo-Delay und hohem Feedback auf der Calabash:
Es war wieder mal intensiv, vor allem weil wechselseitiger Austausch. Und wird bestimmt noch angenehm nachwirken (nicht zu letzt dank des sonnengelben Peter „Tony“ Erskine Tama Sets, das mir Stephan Hänisch freundlicherweise geschickt hatte!)
Da ich bei der Laupheimer Drummerparty (neben einem selten zu hörenden Duo-Set mit Hellmut Hattler) auch den Soundtrack zur Graffiti-Aktion von Philip Walch gestalte, habe ich mal wieder den Bildband „Hip Hop Files“ von Martha Cooper hervorgekramt, aber auch ein Ableton-File konzpiert, dank dem sich jeglicher, „auswärtiger“ Audio-Player durch die Software routen lässt, dort dann DJ-typische Effekte beim Trommeln zur Lieblingsmusik erzeugt werden können. Sprich, ich setze aufs typische Proberaum-Setting (wo ich gerne zu vertrauter Musik spiele) eine zusätzliche Kreativebene drauf. Jetzt kann ich auch die Zuspielung ganz einfach dekonstruieren und neue Drumgrooves darüber schichten. Also, den eigenen Remix trommelnder Weise entstehen lassen!
Ich brauche die „Blackhole“ Freeware fürs Computer-interne Audio-Routing und zack kann ich Musik aus YouTube, Spotify und co. oder elegante DJ-Mixe aus djay Pro durch die Ableton Software schicken. Dort habe ich ganz traditionell einen spürbarbaren Low-Cut (auf die Taste Q), einen Send in den Hallraum (Taste R), sowie einen Send ins Delay (Taste D) vorbereitet. Beim Jammen tappe ich (mit Taste T) Abletons Songtempo für die gewünschte Echo-Subdivision.