Archive for the ‘Techno’ Category

1, 2, 300

Dezember 22, 2022

Ein Gedanke:
>>Im Vergleich zu all unseren Entwicklungen in der Mechanik könnte ein Werkzeug wie eine Zange einfach scheinen. Ich habe den Geist, der sie erfunden hat, immer bestaunt. Um das Problem, das dieser Erfinder zu bewältigen hatte, zu verstehen, muß man sich den Stand der Mechanik vor Erfindung der Zange vorstellen. Der Gedanke, den Kreuzungspunkt der beiden gekrümmten Arme so zu fixieren, daß die zwei kleineren Stücke vorn sich entgegengesetzt zu den beiden größeren Stücken hinten bewegen und damit die Kraft des Mannes, der sie zusammendrückt, derartig vervielfachen, daß er den Draht durchzuzwicken vermag – dieser
Gedanke kann nur von einem Genie ersonnen worden sein. Gewiß gibt es heutzutage kompliziertere und bessere Werkzeuge, und es mag eine Zeit kommen, in der der Gebrauch der Zange und anderer ähnlicher Werkzeuge entbehrlich wird. Das Werkzeug selber mag außer Gebrauch kommen, aber der Gedanke dahinter kann niemals veralten. Und darin liegt der Unterschied zwischen einem bloßen Stil und einem wirklichen Gedanken.
Ein Gedanke kann niemals vergehen.<<
Arnold Schönberg „Stil und Gedanke“ (1950)

Zwei mal Mouthpercussion:
Moodymann „Your Sweet Lovin“ (2000)

The Specials „Gangsters“ (1979)

Sowie 300 Bucks minimum…wenn sich an die Richtlinie von der Deutschen Jazz Union zur Vergütung von Jazzmusiker*innen gehalten wird!

Viel Schönes also. Es darf geklatscht und getanzt werden.
Dazu ein vertrackter, aber schöner Pat Metheny Clap-Loop („First Circle“)

Danach, ab in den Club:

walking down

September 21, 2022

Heute, nach einem schönen Mainspaziergang mit Thomas Stieger und Wolfgang Haffner, standen wir plötzlich in der Tür des MOMEM-Museums. Drinnen lief „The Hunter“

Später schnappte ich mir das „Rave“ Buch von Rainald Goetz und schlug es blindlings auf. Erstaunlicherweise passte der Abschnitt von Seite 127 perfekt dazu:
>>Nun gut.
Die anderen sind dann aufgestanden, und an den Pool gekommen, und machen da jetzt bißchen Krach, springen rein, und spritzen rum. Davon bin ich aufgewacht. Ich springe auch ins Wasser, und fühle mich fast völlig nüchtern plötzlich, nur durch dieses bißchen Schlaf am Rand des Pools.
Die Villa gehört den Frankfurtern, die haben uns eingeladen hierher, in die Berge, irgendwo im Nirgendwo auf dieser wunderschönen Insel. Gestern abend, das heißt: heute morgen, nach der Vollmondparty am Strand, nach dem Ende, wann war das?, so um acht etwa oder neun, danach.
Am Schluß hatte Löffel ›Walking Down Madison‹ gespielt, und ›Andromeda‹, immer wieder, immer wieder hat er, weil es die letzte Nummer sein mußte, weil die Barbesitzer schon drohend da standen, und es schließlich geheißen hatte: eine noch, nur EINE Nummer noch – dann also diese eine letzte Nummer endlos verlängert, indem er immer wieder den Tonabnehmer vom Ende nach vorne setzte, das kriegten die Tagchefs gar nicht mit, schon gar nicht bei dieser, endlos sich wiegenden und wogenden Nummer. Wie habe ich ihn da verehrt dafür. Den großen, schweren, bösen Löffel.
Und irgendwann war es dann doch endgültig aus und zuende und Schluß, und ich saß auf diesem kleinen Mäuerchen, neben den Plattenspielern und der Anlage, und schaute beim Abbauen zu, wie der Löffel und Sven ihre Platten in ihre Kisten klopften, das magische Material, wie nebenher geredet und geraucht und dies und das erledigt wurde, perfectly in tune mit all den letzten Stunden dieser Nacht, der Party, den vielen großen Reisen, auf denen viele da gewesen waren, und dieser morgendlichen Stunde jetzt. Wo die Narren abziehen. Und die Herren des Tages und der täglichen Geschäfte zurückkehren und, gut so, wieder die Regentschaft übernehmen.
Wie ich Sven da zum erstenmal sehe, das Sven-Ding verstehe. Wie der so ist. Wie ich schlicht und einfach bezaubert bin sofort, hingerissen. Und wieder finde, finden muß, wie schon so oft: daß die, die gerüchtemäßig und öffentlich als irgendwie toll gelten, es in echt noch tausendmal mehr wirklich SIND: toll. Daß das Gerücht immer stimmt, der Ruf, das sogenannte Image, das öffentliche Bild.
Sven Väth, Maniac Love.
Genau, genau, genau genau genau.<<

phantastisch!

August 5, 2022

>>I tell you
one day on the beach is like a lifetime in heaven
boy, I feel great right now
on a scale from one to ten, I would say eleven<<
(Blowbeat, 1989)

Der Jurmala Ausflug war wunderbar. Nicht nur wegen des DePhazz Gigs mit Meerzugang, sondern auch durch die kulinarischen Spitzen (wie das eins a Pavlova-Dessert oder Karls Melange aus kaltem, frisch gepressten Orangensaft und vorsichtig eingegossenem Espresso), vor allem dank der ausgedehnten Erholungsphase.
So lernte ich in der ARD Mediathek neue audio-visuelle Eindrücke zur deutschen Techno-Geschichte kennen – wobei mir am besten gefiel, dass sich Sven Väth als Neuer im Dorian Gray gleich mal eine Percussion-Ecke in die DJ-Booth gebaut hatte (1. Folge ‚25.18) – und fuhr im Geiste nochmals all die DJ-Jams mit d.hoerste ab (Pfefferbank, Sage, Muna, Destillery, Triebwerk, Interclub) und die in der Doku erwähnten Plätze, die ich mit den Turntablerocker bespielte (Straße E, Sonne Mond & Sterne, Telekom Electronic Beats).
Die optimale Einstimmung auf Sonntag den 07.08. wo ich auch mal wieder mit einem Plattenaufleger interagieren darf (Ruetten & Rubow @ Sommerwerft Frankfurt 16h).

Natürlich gibt es auch für diesen Beitrag etwas passendes aus den Calvino Vorlesungen:

>>Für all diese Merkwürdigkeiten hat die moderne Umgangssprache nur ein Wort:
das war unbeschreiblich
Wunderbarer Ausdruck. Er faßt die phantastische Literatur zusammen; er sagt alles, was den begrenzten Wahrnehmungen unseres Geistes entgeht; und kaum haben Sie ihn einem Leser vorgesetzt, wird er in den imaginären Raum hinausgeschleudert…<<
(Honoré de Balzac)

>>Die Phantasie ist eine Art elektronische Maschine, die alle irgend möglichen Kombinationen durchprüft und diejenigen auswählt, die einem bestimmten Zweck entsprechen oder einfach die interessantesten, schönsten, amüsantesten sind.<<

lilafarbener Sound

Dezember 19, 2021

„Very Peri“ bzw. ein triviales Pastellviolett ist die Farbe des kommenden Jahres und Julian Weber feiert die Rückkehr des musikalischen Albums.
Mir fällt gerade leider kein Lieblingsalbum für 2021 ein, dafür erinnere ich mich gerne an drei killer DJ Mixes, die mich kräftig bewegt haben:
1. Hans Nieswandts „Ringo Session“
2. Soulphiction plus yours truly
3. Henrik Schwarz „Core Mix 11

Ebenso toll wie das Album finde ich das Konzert. Und deshalb geht’s zackig und mit großer Vorfreude ab nach Rüsselsheim zum Netzer Konzert.

Industrial Bleeps

September 22, 2021

Richard H. Kirk, der Voltaire Kabarettist und Bleep-Techno-Erfinder ist gestorben. So beginnt der Nachruf von Jens Balzer in der „Zeit“:

>>Sie hassten die Welt, sie hassten die Gesellschaft, sie hassten alle Kunst und auch die Musik. „Wir sind keine Musiker“, sagten Cabaret Voltaire über sich selbst, als sie 1973 in ihrer Heimatstadt Sheffield erstmals die Bühne betraten. Darum hatten sie auch keine Instrumente, jedenfalls nicht im überkommenen Sinn. Ihre Nicht-Musik bestand aus Geräuschen, die sie auf Tonbänder aufgenommen hatten und dann zu endlos sich drehenden Schlaufen verflochten und mit selbstgebauten Effektgeräten verhallten und verzerrten und manipulierten; dazu schickten sie aus einem wiederum selbstgebauten Oszillator sirrende und flirrende Sinuswellen in den Raum. Manchmal grundierten sie den Krach auch mit einem Rhythmus, etwa mit dem Geräusch eines Presslufthammers in einer Tonbandschleife. Später ließen sie auch mal eine einfache Rhythmusmaschine der Orgelfirma Farfisa vor sich hin tuckern – aber niemals wären sie auf die Idee gekommen, mit einem lebenden Schlagzeuger zusammenzuspielen. Denn wenn Cabaret Voltaire etwas noch mehr hassten als die Kunst und die Musik im Allgemeinen, dann war es die Idee der Rockband.<<

Nobody loves Ringo

Juli 15, 2021

Das super Set von Hans Nieswandt muss mehrfach abgespielt werden: mal zum Tanzen, mal um dem Meister zuzuschauen 🙂

Optimal für den Blog: der Smith ‚N‘ Hack Track „For Disco Play Only“ mit den verstimmten Kickdrums, aber auch in puncto Shuffle gibt es heiße Grade zu entdecken.
Und die eingeflogenen Acapellas erinnern mich angenehm an unser gemeinsames Aufeinandertreffen anno dazumal.

Why to jam with a DJ, what to add to complete tracks?

Mai 29, 2021

It’s about energy, it’s about interaction, spontaneous improvisation that leads to a unique experience, it’s about traceability, it’s about adding human factor, it’s about uniting acoustic and electronic approach, it’s about sweating and funk (contrary to Kraftwerk’s ideal of an electronic performance with drummers that don’t sweat), it’s about teamwork, it’s about the moment („im Präsens zu Hause sein“), it’s about energy!

And for us drummers it’s about opening the ears, about being totally concentrated and focused, about reacting, about learnig how the counterpart thinks, about flowing togehther, about anticipating things, about being risky, about being brave, about sometimes fearless taking the helm, about letting go… and above all: it’s about making music together.

We have a lot of vocabulary in our backpack that we could add to enhance the story and we just can think of some strategies in advance. Here some thoughts in relation to my jam with the Soulphiction mix:

– usually I would play a lot of four on the floor to this kind of tracks. But the kick pulse is already existing, so maybe I also consider playing around the programmed bass drum and double it only on selected parts.

– to tune the acoustic kick higher would also help not to compete with the bass frequencies of the playbacked music.

– thinking in frequencies also helps with your other instruments

– thinking of patterns as well: do I double what I hear (whole groove or some accents only) or can I fill some gaps of the existing beat? Complete drum groove or overdubbed percussions (or hybrid combinations of both ideas)?
According to the four on the floor question: do I need a backbeat all the time?
Or in a more radical way: beat or texture?

– thinking of attitude: flowing with similar shuffle degree or behaving like a complete different breakbeat that is layered on top?

– think of colours: what sound possibilities do I have? Only acoustic options (different sound zones, preparations, various stick materials) or also electronic instruments?
[I also like to using a full e-drum kit when jamming with a DJ, as I can route my output through his mixer and be nothing different than „a third record“ that he could tweak.]

– In my exampled I had the following sound options:
A. Four different cymbals: a main hihat (14“ Meinl Byzance Jazz), a deep and rough second hihat (18“ Anika Nilles Deep Hats) that also work as a beautiful ride, a thin crash (18“ Byzance Vintage Crash) for accents and swells and a 22“ Sizzle-China (Byzance Jazz China Ride) for textures or flow.B. Wood and dual sticks (with felt on the back side, VicFirth 5a and 5adt), (VF heritage) brushes and rutes (VF Remix Brushes), plus additional shakers (Meinl Caxixi & Luis Conte Shaker).
Meinl Waterfall and Chimes for special transitions. A cardbox clap for an optical „what’s this?“ effect…
C. Preparations. To dampen and reduce overtones: Meinl Waterfall on top of the hihat, BFSD Donut and Little Muffkopf for the snare drum: Meinl Dumbal for more electronic vibes on the snare. Last but not least: play with the snare strainer and put wires on and off.
D. Electonics: a Roland SPD:One Electro (for typical claps or noisy efx with a long reverb tail), Boss RE-20 for additional groove layers or dub effects. Both boxes can be tweaked intuitivley

– be aware of the arc of suspension (of the DJ, of your playing over a track, of your playing over the whole set), of breakdowns and drops, of pauses and silence, of air to breathe…

With both videos you get a full insight in my realization and you can watch me drumming and follow my brain working 🙂

My advice: grab a nice DJ mix, have fun while drumming along (and record your performance to analyze your trip with time distance) .
General advice from Billy Heart: »It’s not how many things you know, but how many ways you can play one thing«.

Hey and if you want to support the master’s family: the „go fund me“ page for Soulphiction will be continued until the weekend.

Live Techno from Berlin from Munich

Mai 18, 2021

Tipp: Tim Sarhan mit Komfortrauschen, live Stream um 20:30h aus der Münchner Unterfahrt.
A-, E- und FX Drums galore!

Dance Hats

März 29, 2021

Ich begab mich neulich mal auf die Suche nach dem Erfinder des Ridecup-Offbeat-Patterns, jetzt lobe ich Earl Young für seinen Prototyp DER Dance-Hats (geöffnete Offbeat-Hihats).

The Fantastic Johnny C. „Waitin‘ for the Rain“ und Harold Melvin & The Blue Notes „The Love I lost“ (beide 1973)

>>The song began life as a ballad, but the session wasn’t working until producer Kenny Gamble told the musicians to let rip and crank up the tempo. [Drummer Earl] Young unleashed a war dance on the kick drum with a shuffle on the snare, but instead of echo- ing this pattern on the cymbals, he used a trick he had first used a few months earlier on an obscure record by Fantastic Johnny C, ›Waitin’ for the Rain‹. Picking up a thing or two from jazz drummer Max Roach, Young accented the off-beats using the open hi-hat. The result was the hissing hi-hat sound that has dominated dance music ever since this record was first released in 1973.<<
Peter Shapiro „Turn The Beat Around. The Secret History of Disco“

„The Beauty of Electrified and Programmed Drum Grooves“ Playlist

März 16, 2021

Neulich rief Norbert Saemann an und fragte, ob ich nicht Lust hätte für die Abonnenten des Meinl Newsletters eine exklusive Spotify-Playlist zusammenzustellen.
KLAR! Thema? Wäre mir überlassen. STEILVORLAGE!

Und so habe ich unter der Überschrift The Beauty of Electrified and Programmed Drum Grooves einen kleinen Funkturm errichtet, »not a timeline-based history of DJ culture, but a colorful mix to give kudos to all the engineers and researchers in music production, to all the bedroom producers and bricoleurs who find and develop new percussive sounds, textures and aesthetics, to all the visionaries and brave drummers who know that there is always more to discover.«

Für den Meinl Newsletter kannst Du Dich hier anmelden, anschließend werden Dir wohl Mitte der Woche der Link und meine Gedanken zur Playlist zugestellt (bestimmt mit dem oben abgebildeten Kurierfahrzeug).

Kannst jedenfalls schon gespannt sein: hier klopft der Gangsta-Rapper einem Peter Erskine oder Danny Gottlieb hinterm Simmons-Set anerkennend auf die Schulter, Sly Dunbar raucht einen mit der Bedroom Produzentin aus Offenbach, Jeff Porcaro programmiert die Linndrum, Jojo Mayer hebt ab, J Dilla fließt, Herbert betrommelt den Körper seiner Freundin, D’Angelo wackelt, Theo Parrish ebenso, Squarepusher beept mit Missy Elliot, Goldie grinst, Portishead weint, wer lötet eigentlich dahinten in der Ecke?? Egal, Phil Collins trommelt für den Dancefloor – ich tanze dazu und schau mir all die stromgeladenen Rhythmusmaschinen und Protagonisten im Netz an –
und so weiter und so fort: knappe acht Stunden Spitzenqualität!