Archive for the ‘Art’ Category

rhythmische Osterferien

April 14, 2023

Ich bin eigentlich nicht so der „Guinness Buch der Rekorde“ Typ. Heute jedoch ausnahmsweise schon.
Denn in Amsterdam gibt’s legendäre Trommler zu bestaunen, nämlich den vermutlich teuersten und kunstvollsten, Jacob Jorisz – er ist rechts unten im Rembrandt Megaklassiker „Die Nachtwache“ aus dem Jahr 1642 zu sehen, sowie RBMA-20, seines Zeichens größter analoger Stepsequenzer der Welt (und lädt zum Bespieltwerden ein).
Also, ab in die dementsprechenden Museen, ins Rijksmuseum bzw. Our House.

El Estepario Siberiano tauscht seinen Drumeo-Videokurs „Fastest Way To Get Faster“ gegen Deine Email-Adresse und Aaron Sterling hat Grooves durch diverse Effektpedal gejagt und daraus das Sample-Pack „Pedalboard Drums“ (mit 152 Loops und 130 One-Shots) erstellt:

Leider ist der Dubreggaeproduzent und Soundsystempionier Jah Shaka gestorben. Anlass, um einiges nachzuhören:
>>Ein wirkungsvoller Uptempo-„Four on the Floor“-Beat, der mehr treibt als dass er groovt, weil jede Viertelnote von der Bassdrum betont wird. Von dem Drummer Leroy Horsemouth für Burning Spears „Red Gold And Green“ [1975] zwei Dekaden zuvor erstmals oftensiv in den Reggae gestampft, danach von Sly Dunbar im Channel neu konfektioniert, geht er unter dem Namen „Steppers“ in die Annalen des Reggae ein und wird in England als „Steppaz“ zum Evangelium der Sound Systems. Deren Prophet heißt Jah Shaka. Der um 1950 in Clarendon geborene Jamaikaner ist seit 1956 in England, seit den frühen 1970ern betreibt er ein Sound System. Auch bei ihm läuft die „Kunta Kinte“-Dubplate aus dem Channel One Studio in Dauerrotation. Shaka ist kein Engineer, er bestellt Dub, produziert Dub und legt Dub auf. Damit etabliert er sich, ohne selbst zu mischen, als eine der einflussreichsten Personen der englischen Dub-Szene. Für den Rastafarian ist Dub-Musik eine „spirituelle Ressource“, bei der die Anwesenheit Jahs in den Vibrationen des Basses spürbar ist. Die Basswellen aus den überdimensionierten Lautsprecherwänden der Sound Systems bewirken, dass Musik nicht nur gehört, sondern auch körperlich gefühlt wird. Für Shaka ein heiliges Ritual, das der Steppers Beat befeuert. Marschieren und vibrieren – acht, neun Stunden oder länger legt er auf, ohne Unterbrechung, ohne Pause, bis er und die Besucher seiner Dances in einen tranceähnlichen Zustand verfallen.<<
(aus Helmut Philipps „Dub Konferenz„, Seite 235f)

Hier ein Ausschnitt aus Franco Rossos Film „Babylon“ (1980) – mit viel Piuu und Dub Sirene!

Zum Abschluß noch der tolle und kreative Billy Martin aka Illy B mit seinen Bambussträuchern (hurra, ein weiteres Perkussionsinstrument direkt aus der Natur!)

The Sound of the Break

April 4, 2023

Alleine die Überschrift der aktuellen Elizabeth Price Ausstellung in der Frankfurter Schirn übt schon eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf mich aus.
Was wird damit mit wohl gemeint sein?
Im musikalischen Kontext würde ich sofort an den Klang der Pause oder die besondere Soundästhetik von Breakbeats denken.
Tatsächlich nimmt der Titel dieser Ausstellung Bezug auf das Zerbrechen eines Glaskelchs, das sich in den letzten Augenblicken von „A Restoration“ (2016) ereignet. Aha, der Klang des Zerbrechens also.

Aus dem Ausstellungskatolog tippe ich folgende Zeilen ab: >>Wir Menschen pflegen durchaus Sachen zu zerbrechen, um einen neuen Stand der Dinge zu verkünden: eine Flasche am Rumpf eines Schiffs, um es zu taufen, ein Glas unter dem Schuh, wenn geheiratet wird. Und die eigentliche Beschädigung – der Flasche oder des Glases – ist nur ein Teil der Pointe, der Rest ist das plötzlich einsetzende perkussive Geräusch, das dabei entsteht. Dieses markiert den exakten Zeitpunkt des Übergangs, jenen Moment, nach dem es kein Zurück mehr gibt.<<

die schönste Installation, sagte Sakamoto einmal, sei das Geräusch von fallendem Regen

April 3, 2023

Ich höre BGM des Yellow Magic Orchestra aus dem Jahr 1981, das erste Album der Musikgeschichte, auf dem ein Roland TR-808 zu hören war. Safe Travels, Mister Sakamoto!

Die Welt als Empfindung der Idee

März 1, 2023

>>Die Welt als Empfindung der Idee, unabhängig vom Bild – das ist der wesentliche Inhalt der Kunst. Das Quadrat ist nicht das Bild. So, wie der Schalter und der Stecker auch nicht der Strom sind.<<
Kasimir Malewitsch, 1927

PS. >>Die Familie des in Kiew geborenen Malers sprach Polnisch, Russisch und Ukrainisch. Der zur russischen Avantgarde gezählte Künstler sah sich selbst zeitlebens abwechselnd als Ukrainer oder Pole, später verzichtete er auf jedwede nationale Zuordnung.<< (taz, 01.03.23)

Super 76

Februar 18, 2023

Hainbach hat ein schönes Video über Bandechos (Tape Delays) gemacht. In der Hauptrolle glänzt das Dynacord Super 76 (Jahrgang 1972).

Zum 90ten von Yoko Ono gibt’s einen Tusch bzw. ihrer Musikstücke aus dem „Grapefruit“ Buch:

Let’s Rockett

Januar 31, 2023

Hey, Geburtstagsausgabe des „New Yorker“, mit schicker Zeichnung von Christoph Niemann.
Toll, danke! Und auch im YouTube gibt man sich Mühe mit einem Gadd Solo aus meinem Geburtsjahr 1972 (wo er offenbar erstmals in Europa auftritt und gefilmt wird):

Bei all dem Gewedle und all den schönen Feiern – am Wochenende gab es ja schon den großen Meinl-Kick-Off-Day, außerdem eine Erna-Sack-Torte in der Heimat und dann natürlich den schönen Montag selbst – will ich aber auf keinen Fall vergessen, den Schlafsack zu preisen!

Für mich ist es diese astronauten-mäßige Utensil der zauberhafteste Kunstgriff überhaupt: verheißungsvoll glänzend, immer kuschelig, gerade in diesen Zeiten besonders wärmend! Es riecht nach Urlaub und birgt traumhaft abenteuerliche Versprechen.
Ist irgendwie beides: Rückzugsort und Aufbruch.
Mit dieser Rückenstärkung freue mich auf ein tolles neues Jahr!

Hip Piece

Dezember 4, 2022

Gestern gingen wir in den Mousonturm zum Tanztheater. Im einstündigen „Hip Piece“ erforschte eine Gruppe von fünf TänzerInnen den Tanz als Möglichkeit, sich von Zuschreibungen (zuvor erlernter Bewegungen aus der vielfältigen Welt des Hüftschwungs) freizumachen und mehr und anderes zu werden, als sie auf den ersten Blick sind.
Es war großartig, inspirierend und (Gesprächs-) anregend!
Und zack, wieder mal mitten drin in der Auseinandersetzung in Bezug auf Aneignungen und Besitzansprüche, Kunst- und Kulturbegriff, Globalisierung und Universalismus. Gedanken über die Schönheit des Lernens, über die Neugierde und hemmungsloses Ausprobieren, über die Überraschungen im Neuland, über den persönlichen Stil bzw. Identitätsbildung…

OK, dann dort


Am Ende des ausgelegten Programmhefts wurde ein Ausschnitt aus dem Essay „Heterautonomien“ von Werner Hamacher abgedruckt (Seite 128f), der spannend beginnt:

>>Nicht nur die Kultur, auch die Multiplizität der Kulturen ist nicht eine Funktion derer, die sie haben, sondern derer, die sie erst noch vorhaben und sie in der Transformation des Überlieferten immer wieder aufs Neue und immer wieder anders entwerfen<< 

Im weiteren Verlauf geht es um Kulturen als Multiplikationen („Multikulturationen“), um den Begriff der „Akkulturation“ (mit  dem  Soziologen  und  Ethnologen  seit  dem  ausgehenden  19. Jahrhundert die Aufnahme von Elementen einer Kultur in eine andere bezeichnen)

>>keine Kultur reagiert auf eine  andere  bloß  passiv  durch  Assimilation,  sondern  wählt  aus  jeder  anderen  aus, hemmt und verwandelt sie und sich selbst, spaltet und diversifiziert, multipliziert sie und sich und trägt so dazu bei, nicht nur eine, sondern eine Vielheit von  jeweils  neuen  Kulturen  zu  erzeugen.<<

>>Akkulturationen,  Multikulturationen  sind Übergangs- und Übertragungsbewegungen, in denen sich ihre Elemente erst herausbilden.<<

Es geht um die Eröffnung einer
>>Chance, das Andere nicht als  das  schon  bekannte  und  sowohl  kognitiv  wie  praktisch  beherrschte,  nicht  als das schon homogenisierte Andere, sondern als das Andere in seiner Singularität,  seiner  Inkommensurabilität  und  […| in  seiner Würde zu sehen: die anderen Kulturen nicht in den repressiven Idealen, denen sie sich unterwerfen, sondern in den Ablösungsbewegungen, die sie vom Druck der Typisierung und Selbsttypisierung befreien.<<

What is Hip? mit Ron E. Beck on drums

Neuentdeckungen

August 27, 2022

Irgendwie wieder schon viel los…
toll!
– habe neulich im (eigenen) Bücherreagal einen Architekturführer für Frankfurt und darin das Haus des Buches (ein 1956 von Otto Apel geplantes Gebäude) entdeckt. Zu finden in der Berliner Straße 25.
Direkt gegenüber war am Wochenende auch eine dreitägige peng-Ausstellung. Kompakt und nice!
Und drei Schritte weiter (in der Ziegelgasse 7) das typisch chinesisches Bistro „Jianbing Plus“ – lecker!
– ebenfalls im Regal, Dave Grohls Autobiografie. Gestern lese ich dort die krasse Geschichte des Beinbruchs währende eines Stadion-Gigs in Schweden, heute ein dazu passendes Bob Marley Zitat:
>>One good thing about music: When it hits you, you feel no pain<<
– meine Nichte Alma wurde eingeschult. Hey, großer Tag!
– In den Abbey Roads Studios zu proben ist an sich schon optimal. Dass ich darüberhinaus nebenbei fachkundig angelernt wurde, ein Kabel endlich mal richtig aufwickeln zu können (roadie wrap), fühlt sich doppelt gut an: weil endlich (Material schonende) Ordnung im Kabelkoffer, weil erfolgreiches Lernen einen immer nochmals einen kleinen Zentimeter wachsen lässt.
Ulf hat mich auf die beiden Neustart Kultur Stipendien hingewiesen: einmal Musikfonds (Bewerbung bis 01.09.), einmal Deutscher Musikrat (Bewerbung 01.09. bis 22.09.)
– es gibt tolle neue Drummer-Alben von Magro („II“), JD Beck (DOMi & JD Beck „Not Tight“) und Louis Cole („I am Tight“)
– am Sonntag dann um 19 Uhr: Kamaal Williams auf dem El Barrio Festival in Frankfurt
– eine schicke Momentaufnahme von Oli Leicht aus Jurmala mit der wichtigen Erinnerung: Forschen bringt’s!

blöd
Joey DeFrancesco ist gestorben.

PS. für die Studierenden unter euch: vergleicht mal den obigen Trio-Gig mit diesem aus dem Jahr 1994, den Dennis Chambers trommelt…

Die Wundertrommel

August 23, 2022

Die Wundertrommel (Zoetrop) ist was Schönes, vor allem wenn sie auf Vinyl er-scheint/klingt
(wie ich neulich dank eines Prince Fatty Remixes lernen durfte):

Und so funktionierts…

Und, smacks?

Juli 21, 2022

Ohne Aufdruck könnten sie durchaus als surrealistisches Kunstwerk (Salvador Dalí ) durchgehen, der Name bewirkt bei mir nostalgische Frühstückserinnerungen.

Derartig Schlagzeug-ferne Assoziationen passen übrigens bestens zu den Meinl Smack Stacks – geht es bei diesem (bis zu fünflagigen) Stapel doch um Becken, die den Sound eines typischen Drumcomputer Claps erzeugen.
Die Versuche jenen Signature Sound der DJ Culture zu emulieren sind zahlreich. Doch leider hatten die der Vorlage am nächsten kommenden Entwürfe – das mit der Hand auf die Snare geschlagene Drumbal, sowie der Rim-Flam – den Nachteil, dass sie nicht einfach aus dem Spielfluß heraus mit einer Hand getrommelt werden konnten. Oder sich gar mit dem Fuß in Form eines Overdubs über den eigentlichen Groove treten ließen.
Klar – elektronische Lösungen à Roland-SPD konnten solche Wünsche erfüllen. Doch sie bringen direkt einen aufwendigen Anforderungskatalog mit sich, der nicht immer passt oder realisierbar ist.
Insofern war ein flexibles, rein akustisches Handclap-Instrument ein langersehnter Traum von mir.

Passend zum eben nicht super-akurraten Klatschsound, der eher verzerrt und rauschig als Hochglanz ist und sich dank seiner Breite hörbar durchsetzen kann, entstammen die flachen, gebogenen Metallscheiben des Smack Stacks mitten aus dem Produktionsprozess – bis zum typischen Becken-Produkt fehlen offensichtlich noch ein paar Arbeitsschritte (Krümmung ausgleichen, Kuppe herausarbeiten, manuelle Hämmerung). So entsteht der raue, ungeschliffene Ton. Und dass dann irgendwann mal ein findiger Mitarbeiter mehrere dieser Scheiben übereinanderlegte und zudem daraufschlug… danke, danke, danke!
Welch toller kreativer Zufall. Und natürlich gleich die Steilvorloge für ein neues Produkt.

Ich wurde netterweise gleich mit beiden Smack Stack Produkten ausgestattet, also mit der Byzance Vintage Version in 14″/12″/10″, mit dem zusätzlichen 16″/8″ Add-On-Pack, sowie mit vollen 5 Piece-HCS- Variante (16″/14″/12″/10″/8″). Woraufhin ein reges Experimentieren begann:

Die Meinl-Türme funktionieren in jeglicher Position, als wären sie ein herkömmliches Becken oder eine typische Sidesnare. Selbst in die Hihatmaschine eingespannt, klingen die krummen Scheiben eher elektronisch und wunderbar artifiziell.
Selbstverständlich habe ich alle Einzelteile auch bunt miteinander kombiniert und auch die Reihenfolge des Stapels variiert. Meine bisherige Lieblingsanordnung ist das
Byzance Vintage Smack Stack in 16″/12″/10″/14″

Jetzt stehen erstmal wieder diverse Konzerte auf dem Zettel, aber anschließend geht es mit dieser todo-Liste weiter:
– zweite Hihatmaschine ins Setup einbauen und damit noch eine neue Aufgabe für den linken Fuß haben: acoustic overdub foot clap
– das Smack Stack in lange Hallräume schicken, bzw. mit FX-Mikro, Noisegate, (Distortion?) und Reverb eine bühnentaugliche Version basteln für
Smack Stack mal mit, mal ohne Effekt