Gestern gingen wir in den Mousonturm zum Tanztheater. Im einstündigen „Hip Piece“ erforschte eine Gruppe von fünf TänzerInnen den Tanz als Möglichkeit, sich von Zuschreibungen (zuvor erlernter Bewegungen aus der vielfältigen Welt des Hüftschwungs) freizumachen und mehr und anderes zu werden, als sie auf den ersten Blick sind.
Es war großartig, inspirierend und (Gesprächs-) anregend!
Und zack, wieder mal mitten drin in der Auseinandersetzung in Bezug auf Aneignungen und Besitzansprüche, Kunst- und Kulturbegriff, Globalisierung und Universalismus. Gedanken über die Schönheit des Lernens, über die Neugierde und hemmungsloses Ausprobieren, über die Überraschungen im Neuland, über den persönlichen Stil bzw. Identitätsbildung…
Am Ende des ausgelegten Programmhefts wurde ein Ausschnitt aus dem Essay „Heterautonomien“ von Werner Hamacher abgedruckt (Seite 128f), der spannend beginnt:
>>Nicht nur die Kultur, auch die Multiplizität der Kulturen ist nicht eine Funktion derer, die sie haben, sondern derer, die sie erst noch vorhaben und sie in der Transformation des Überlieferten immer wieder aufs Neue und immer wieder anders entwerfen<<
Im weiteren Verlauf geht es um Kulturen als Multiplikationen („Multikulturationen“), um den Begriff der „Akkulturation“ (mit dem Soziologen und Ethnologen seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert die Aufnahme von Elementen einer Kultur in eine andere bezeichnen)
>>keine Kultur reagiert auf eine andere bloß passiv durch Assimilation, sondern wählt aus jeder anderen aus, hemmt und verwandelt sie und sich selbst, spaltet und diversifiziert, multipliziert sie und sich und trägt so dazu bei, nicht nur eine, sondern eine Vielheit von jeweils neuen Kulturen zu erzeugen.<<
>>Akkulturationen, Multikulturationen sind Übergangs- und Übertragungsbewegungen, in denen sich ihre Elemente erst herausbilden.<<
Es geht um die Eröffnung einer
>>Chance, das Andere nicht als das schon bekannte und sowohl kognitiv wie praktisch beherrschte, nicht als das schon homogenisierte Andere, sondern als das Andere in seiner Singularität, seiner Inkommensurabilität und […| in seiner Würde zu sehen: die anderen Kulturen nicht in den repressiven Idealen, denen sie sich unterwerfen, sondern in den Ablösungsbewegungen, die sie vom Druck der Typisierung und Selbsttypisierung befreien.<<