Archive for the ‘Clicktrack’ Category

via halbe Triolen und punktierten Achtelnoten

Februar 4, 2024

Vorgestern bei der Aufnahmeprüfung fragte ich den Drummer, ob er eine grobe Idee hätte wie schnell der Viertelpuls von Tempo 90 marschiert.
Die Antwort geht für mich entweder über einen abgespeicherten Lieblingssong mit eben 90bpm (ich denke an Refrain von Fu-Gee-La) oder über folgenden Rechenweg:
Dank dem nautischen Lexikon kennen viele von uns den Trick durch natürliches Sprechen der Zahlenreihe 21, 22, 23 die Dauer einer Sekunde zu ermitteln, somit das Tempo 60 für den musikalischen Kontext (klaro, weil 60 Schläge pro Minute). Zack, kennt man auch die doppelte Geschwindigkeit.
Diese 120 beats per minute nehme ich nun als Grundlage und erkenne, dass ich die Zahl durch vier teilen, anschließend das Ergebnis mit drei multiplizieren muss, um zu den 90 Schlägen pro Minute zu gelangen:
120 : 4 (= 30) x 3 = 90
Was für den musikalischen Kontext bedeutet, dass ich in derselben Zeit, in der ich bei Tempo 120 vier Schläge im selben Abstand unterbringe, nun nur noch drei Schläge spielen kann. Der Abstand der einzelnen Noten wird demnach größer bzw. der Puls langsamer.
Polyrhythmisch betrachtet spiele ich dafür drei über vier (in unserem Fall halbe Triolen im Viervierteltakt):

Um wieder von den 90bpm zu 120 zurückzukehren, wende ich den Kehrbruch an, also
90 x 4 (= 360) : 3 = 120
Dafür denke ich den 90er Puls als Dreivierteltakt und spiele darüber punktierte Achtelnoten (also eine Dreierverschiebung in Sechzehnteln).

Interessierte ich mich im weiteren Verlauf für Tempo 80 so würde ich von 120bpm ausgehen und punktierte Achtel darüber trommeln und hörte dann Achtelnoten mit 80bpm…
120 x 4 (= 480) : 3 = 160

Zusammengefasste Faustregel:
bpm x 4/3 > Beschleunigung via punktierten Achteln
bpm x 3/4 > Verlangsamung (bzw. zurück zum Ursprung bei einer metrischen Modulation) via halbe Triole

PS. Dort gibt es meine bpm – ms Umrechner mit dem sich die rhythmischen Beziehungen zwischen bestimmten Tempi ebenfalls ablesen lässt.

PPS. es gibt offenbar auch analog zum Quintenzirkel einen „Circle of Tempos“ – den habe ich aber noch nicht überprüft

der gespürte Clicktrack

August 1, 2023

Es gibt die Soundbrenner Smartwatch und es gibt tighte Drum Techs, die dir den Rücken tätscheln…

neu im Stickbag, das Fieberthermometer

Mai 11, 2023

Immer schon interessierte mich brennend, ob es einen formelhaften Bezug für erhöhte Körpertemperatur (Fieber) und die Herzfrequenz (bpm) gibt. Und tatsächlich spuckt die Googlesuche diesbezüglich ein ungefähres Verhältnis aus: +1 °C / +7bpm

>>Among adult ED patients nationally, for every increase in T of 1 °C, the HR increases by approximately 7 bpm<<

Diese Wechselwirkung möchte ich selbstverständlich empirisch nachprüfen, sprich, in den verschiedensten Situation die Körpertemperatur messen und parallel dazu die Herzfrequenz notieren. Letztere Aufgabe ist gleichzeitig ein schönes Rhythmusspiel, nämlich den eigenen Pulsschlag (dank dieser Hilfskrücken) mit einer eindeutigen Tempozahl zu versehen – „inner clock“ wortwörtlich genommen, Achtsamkeit praktiziert.
Meine Geschwindigkeitsmessung verifiziere ich wiederum mittels Smartphone und der Instant Heart Rate App.

Darüberhinaus spannend, die Frage: steht der persönliche Standard-Puls irgendwie in Relation mit favorisierten Tempi oder dem ad-hoc getrommelten Beat beim Soundcheck?

Ach ja, einen Apple Airtag habe ich nun auch. Jedoch nicht fürs Stickbag, sondern für den Schlüsselanhänger meines Vaters…


rund und

November 13, 2022

Ich habe in der Hochschule mal wieder das schicke „Simmons“ Frontfell aufgezogen. Klare Ansage für den „Fokus Drums Abend„: schick, stromverbunden und irgendwie einen Tick anders.

Anschließend gings für ein ausverkauftes DePhazz Konzert nach Budapest. Ein schöner Abend trotz widrigster Umstände. Denn nach dem ersten Drittel tauchte ein großes Problem auf: das komplette Monitorsystem kam und ging, immer wieder plötzlich krachend, digital verzerrend, laut und unschön, gefolgt von überraschneder Stille, ein krasses, unberechenbares Hin-und Her, bis wir die Leitungen eigenmächtig kappten und einfach komplett ohne Boxen und InEar-Signale weiterspielten. Die Rettung war, dass Bassist Bernd und ich (immer schon) die Computer-Tracks und Clicks intern auf unsere InEar Mixer schicken, dass Ulfs Rhodes von einem Fender Amp verstärkt wird und dass die erste Reihe, sprich Pat, Karl und der aushelfende Oli Leicht am Saxofon sich heldenhaft, dennoch eins a intonierend, am FOH Sound orientierten…

Drumherum: goldner November, Riesenrad, Bauhaus-Anleihen, Wiener Jugenstil und immer wieder guter Kaffee (dank der European Coffee Trip App). Last but not least, ein schöner Abschnitt aus dem SZ-Magazin Interview mit Patti Smith:

>>Angeblich haben Sie ihm gesagt: »Ich habe mich in das Leben meiner Helden eingewickelt.«
Mit Victor Bockris habe ich nur einmal gesprochen, 1972. Danach nie wieder. Vielleicht habe ich das damals wirklich gesagt, als ich 26 war. Heute würde ich eher von Künstlern und Dichtern sprechen oder meinen Freunden statt von Helden. In jedem Fall liebe ich die Arbeit anderer Leute. Ich bin jeden Tag denjenigen sehr dankbar, die Filme machen, Bücher schreiben und großartige Schauspielerinnen und Schauspieler sind, auch Ärzten und Leuten, die Brücken bauen, eine Spüle reparieren oder guten Kaffee kochen. Und ich bin dankbar für meine Arbeit.<<

PS. Das tolle Windkraft-Foto hat Ulf Kleiner auf dem Hinflug gemacht, die Wattewölkchen im Floortom – der wohl schönste mechanische Gate-Effekt – wurden von Oli Leicht geknipst.

König oder As?

Juli 10, 2022

Zur lauen Nachtschicht wähle ich die verheißungsvolle Playlist „Rhythm King vs. Rhythm Ace„:

Und für die kommende Woche schreibe ich einen Auftrag von Asad Raza ab, den ich in dem Buch „140 Artists‘ Ideas for Planet Earth“ gefunden habe:
>>Ask a friend to slice various vegetables while you slice peeled limes. Put the former on top of the latter, making duos: for example, a slice of jalapeño pepper on a slice of lime, a slice of mango on a slice of lime, or a slice of celery on a slice of lime.
Eat them while telling jokes.<<

schöne Schwankungen

Februar 3, 2022

Gestern blätterte ich durch Jost Nickels Groove Book und blieb auf den Seiten 114ff hängen. Dort geht ums Timing, um die Spanne zwischen genauer, Click basierter Darbietung und dem freien Flug, der lediglich der persönlichen Einschätzung (und dem Bandgefüge) folgt.
Zwischen diesen Polen liegt der Kompromiss, sich ein für gut befundenes Tempo vom Metronom vor dem Einzählen anzeigen zu lassen.

Im weiteren Verlauf werden zwei Gassenhauer erwähnt, die im Verlauf schneller werden, „September“ von Earth, Wind & Fire und „Street Life“ von The Crusaders.

Mich interessierte daraufhin, wie im Internet über dieses Thema diskutiert wird, fand dabei weitere Classics, die deutlich schneller werden, beispielsweise Herbie Hancocks „Chameleon“ (was mir nie aufgefallen ist) oder langsamer enden als sie begannen (The Beatles „You won’t see me“). Sehr schön auch die Grafik zu „So Lonely“ von The Police, bei der sich die Refrains klar ablesen lassen:

Ähnlich wie beim Groove-Topic geht’s beim Timing vor allem um das „gute Gefühl“ das sich idealerweise bei Mitmusikern und Hörern einstellt.

kunstvoll glücklich

Januar 25, 2022

Ich sprach neulich mit Wolfgang Haffner über den nach wie vor großartig aufspielenden Randy Brecker und er zeigte mir daraufhin die Doku über die Bigbandaufnahmen von Frank Sinatra und Quincy Jones, die (Randy zu seinen Karriere Highlights zählt) im Album L.A. is my Lady (1985) mündeten.
Es ist herzergreifend und wohltuend zu sehen wie all diese Ausnahme Musiker (drums: Steve Gadd, Irving Cottler, Leon „Ndugu“ Chancler, John „J.R.“ Robinson) und Mitschaffenden nicht nur großen Respekt vor dem Megastar haben, sondern hochmotiviert freudig agieren.
Leider findet sich im YT nicht allzu viel Filmmaterial, so auch nicht die Szene, die perfekt zum folgenden „Mack The Knife“ Recording gepasst hätte: dort sieht das handverlesene Publikum und die Musiker am Ende des Arbeitstages wie sie zum abgespielten Version tanzen und mächtig Freude versprühen.

Ähnlich intrinsisch motiviert, um nicht zu sagen besessen, ist die fränzöische Tennisspielerin Alizé Cornet. Seit 17 Jahren ist sie auf der Grand-Slam Tour dabei, jetzt steht sie nach ihrer 63. Teilnahme erstmals überhaupt im Viertelfinale (heute Nacht ab 1.00 Uhr). Glücklich und mit eindeutiger Bestätigung des Mottos „Es ist nie zu spät, es immer wieder zu versuchen.“

Im Instagram zeigt Jerry Saltz ein Videoschnippsel, den er Studierenden zeigt, die ihn fragen: “What is art?“

Und bevor ich jetzt ebenfalls beseelt in die Musikhochschule tingle, besuche ich noch kurz die „Rock School“ und lasse mir von Omar Hakim zeigen, wie man den Clicktrack musikalisch umspielen und seine Hihatfiguren tanzen lassen kann.

Drum Phase

Januar 13, 2022

Angefixt von Steve Reichs „Piano Phase“ und dem IG-Einminüter von Justin Heaverin, hatte ich neulich mit zwei Studierenden der HfMDK Frankfurt ausprobiert, was passiert, wenn beide zwar den gleichen Rhythmus trommeln, einer jedoch mit 120bpm, der andere mit 121bpm im Ohr spielt.
Habe ungeprobt die Kamera drauf gehalten und bin geflasht:

Danke, Valentin Michel & Jonathan Schuchardt!

Das ganze lässt sich selbstverständlich auch alleine testen:

Hier trommle ich zum Clicktrack (117bpm) und mein Arturia Drumbute spielt mit 115bpm. Funktioniert auch (organischer?), wenn ich ohne Click spielt und mich erstmal auf den elektronischen Beat draufsetze, irgendwann das eigene Tempo leicht anziehe und die Maschine laaaangsam überhole…Dass man dabei gerne an Stellen mit vertrauten Verschiebungen (entlang der Sechzehntel Subdivisonen) einen Ticken länger verweilt, scheint menschlich und färbt das Ergebnis organischer.
Die rechnerisch perfekte Lösung bastelt man sich schließlich in der DAW.
Eintakter aufnehmen, die Kopie etwas schneller oder langsamer rechnen, auf gleichen Startpunkt setzen und los…

117 vs. 118bpm

no more master clock, more topspin

September 20, 2021

Zwei gute Artikel aus den gestrigen Sonntagszeitungen passen bestens zu meinen momentanen Aufgaben:
1. die elektronische Schlagzeug-Ästhetik von der Orientierungsspur (Clicktrack, Master Clock) zu emanzipieren
2. Unter der Überschrift „Den (Preset) Rahmen erweitern“ suche ich Geschichten über jene „Game Changer“, Menschen und Produkte, die Moden entfachten und darüber neue Standards (oder gar zukünftige Klischees) im gängigen Drummer-Vokabular verankerten.

>>No more master clock!“ – „Nie wieder nach der Uhr der Herren!“ Irgendwann inmitten einer Lärmkaskade auf ihrem neuen Album „Black Encyclopedia of the Air“ schreit die US-amerikanische Dichterin und Musikerin Moor Mother, bürgerlich Camae Defstar, diesen Slogan ins Mikrofon. Es ist die ultimative Ermächtigungsgeste. Kon­trolle über die Zeit zu besitzen, das ist eine klassische Forderung emanzipatorischer Bewegungen.
Die Revolutionäre der Pariser Commune schossen 1871 angeblich auf die Turm­uhren, ein Jahrhundert später traten die überwiegend Schwarzen Ford-Arbeiter:innen in Lordstown im US-Bundesstaat Ohio in den Streik wegen der Taktung des Fließbands. […]
Aber „Master Clock“ hat noch eine zweite Bedeutung. Der Titel spielt auch den unerbittlichen Tempomat eines elektronischen Aufnahmestudios an, nach dessen Geschwindigkeit sich der Rest der Musikinstrumente zu richten hat. << Christian Werthschulte in der taz

Angefixt durch Winand von Petersdorffs Artikel DIE TOPSPIN REVOLUTION in der FAS fand ich das PDF „Technological Change and Obsolete Skills: Evidence from Men’s Professional Tennis“ von Ian Fillmore und Jonathan Hall:
>>Technological innovation can raise the returns to some skills while making others less valuable or even obsolete. We study the effects of such skill-altering technological change in the context of men’s professional tennis, which was unexpectedly transformed by the invention of composite racquets during the late 1970s. We explore the consequences of this innovation on player productivity, entry, and exit. We find that young players benefited at the expense of older players and that the disruptive effects of the new racquets persisted over two to four generations.<<

PS. der getriggerte Tennisschläger verankert diesen Beitrag noch unter einem anderen Aspekt im Blog

Echtzeitkunst mit konkretem Anspruch

Juni 29, 2021

Traumhafte Kulisse, spannender Plot, Corona-konform!

Vom 1. bis 11. Juli werden im Frankfurter Ono2 die Ergebnisse des Moment:an Versuchs präsentiert, bei dem die Zeichnerin Kamü und das Musiker Duo Rubow & Leicht intermedial improvisieren, um schöne Bilder und einen stimmigen elektro-akustischen Sound zu erzeugen.
Es gibt einen 15 minütigen Film fürs Schaufenster (und hier), Galleriezeiten (täglich 19-21h) sowie drei Live-Happenings (am 01./08./11. Juli jeweils ab 21h) vor dem Frankfurter Ono2 (Walter-Kolbstr. 16).

Gestartet wird in völliger Freiheit. Um den Moment zu strukturieren helfen große Ohren, offene Augen und ein kleines Regelwerk, ein dezentes „wenn – dann“ Verständnis, das angewendet werden darf, aber nicht muss, sowie subtile klangliche Verstrickungen:
Denn es wird nicht nur auf Trommelfellen und Becken geräuschvoll gezeichnet, die (mittels Drum-Pickup abgenommen) Fell-Klänge bzw. die mit einem Mikrofon bemalten Becken und radierten Vorlagen können ebenso das Klangergebnis beeinflussen…

Neustart Kultur!