Offensichtlich lege ich beim Trommeln und Kochen ähnliche Verhaltensmuster an den Tag: ich kopiere erstmal ausgecheckte Rezepte, sammle die Highlights in einem persönlichen Baukastensystem, versuche, die Mahlzeit mal in einen runden Spannungsbogen zu packen (Intro-Hauptgericht-Nachspeise) – wenn möglich ausgewogen in puncto Geschmack und Optik (auch hier Essensgesichter und beklebtes Handwerkszeug), manchmal liegt sogar ein minimalistisches Regelwerk zugrunde. Und ganz klar, aber auch nicht schlimm: nicht alles schmeckt immer jedem!
Natürlich lässt sich die Geschichte auch rückwärts schreiben. Also Kochen und Trommeln.
Denk‘ mal: wie selbstverständlich sich Schneebesen, Teigschaber und Spülbürste in die Stocktasche, Kochtöpfe ins Set einreihen, warum wohl „fat“ DAS Adjektiv zur Beschreibung geiler Beast geworden ist, wie satt eine Schweinshaxe (oder deren Esser) die Four on the Floor treten könnte, träum‘ von swingendem Ke-Bap oder der Mash-Up-Molekularküche eines Ferran Adrià…
Ab und an tische nämlich auch ich liebevoll belegte Brötchchen zur Erklärung von programmierten e-Beats auf, oder instrumentalisiere einen Restaurantbesuch zur Erklärung diverser Produktionstechniken:
Bei einer klassischen Menüfolge „Vorspeise (Suppe) Hauptgericht Dessert“ kannst Du ja
*A
– die Reihenfolge ändern [cut & paste]
– auf Vollständigkeit verzichten: nur Suppe, oder: nur Hauptspeise und Nachtisch essen [cut & trim & paste]
– anstatt das Besteck zu verwenden, mit den Fingern essen, bzw. die Suppe schlürfen [lo-fi]
– das Menu gemütlich essen oder Fast-Food-like runterschlingen [pitch, timestrech]
– Essen oder den Café kalt werden lassen, und das Eis-Dessert zerläuft… [bitcrush]
– ungefragt die Bestellung eines unbekannten Tischnachbarn übernehmen und sie in die eigene Menüfolge integrieren [weiteres Sample als Fill-In]
anfangen, ohne auf die anderen zu warten [offset]
Hier wird der Groove also „am Stück“ bearbeitet, wie man es mit einem komplette Groove-Sample machen könnte.
*B
– das Essen nach Geschmacksrichtungen (süß, salzig, sauer, bitter, scharf) oder Farben sortieren [cut & categorize]
– die Gänge unkonventionell zusammenführen: Suppe wird als Soße für den Hauptgang verwendet [pattern lego]
Jetzt wird der Groove hinsichtlich verschiedener Einzelklänge zerschnitten, diese zum Einen in einer Sound-Library geordnet, zum Anderen als Ausgangssituation für ein Lego-artiges Spielen/Kombinieren genutzt.
*C
– den Kellner fragen, ob Du nicht innerhalb der drei angebotenen Menüs kombinieren darfst: z.B. die Suppe aus M2, dann das Hauptgericht Nr.1 und schließlich den Nachtisch von M(enu)3 wählen. [pattern lego]
Komplette Patterns oder Einzelteile aus unterschiedlicher Herkunft werden zusammengeführt: ich muss dabei immer an den Kro-Ku-Fant denken.
PS. hier noch mal gebündelt meine drei Lieblingskochbücher (und als nächster steht Vincent Klink im Rennen):
– Anthony Bourdain „Geständnisse eines Küchenchefs“
– Bill Buford „Hitze. Abenteuer eines Amateurs als Küchensklave, Sous-Chef, Pastamacher und Metzgerlehrling“
– Rote Gourmet Fraktion „Kochen für Rockstars“
Und völlig ausser Konkurrenz, dafür mein Jahrgang: „The Drummer’s Cookbook“