Archive for the ‘EQ’ Category

leise präpariert, manuell komprimiert

Oktober 29, 2023

Letzten Freitag wurde eine spezielle Vinyl Scheibe veröffentlicht, „DePhazz Jazz Quartett feat. Joo Kraus„.
Speziell, weil direkt und ungeschnitten auf Zweispur-Tonband aufgenommen. AAA.

Die Drums wurden bewusst nur mit zwei Overheadmikrofonen und einem stützenden Kick-Mikro abgenommen, um das natürlich getrommelte Blending zwischen akustischem (präpariertem) Schlagzeug, eingebundener Perkussion und dem über Lautsprecher ausgegebenem Dub-Delay Effekt best möglich einzufangen. Darüberhinaus musste kontrolliert leise getrommelt werden, denn die beiden Bläser agierten ohne jegliche Verstärkung.
In Richtung Lautstärke reduziertes Hybrid Setup hatte ich mir schon im Vorfeld Gedanken gemacht, aber nicht minder wichtig waren andauernd offene Ohren, um während der aufgenommenen beiden Konzerte den Gesamtklang „spielerisch“ zu komprimieren und mit dem Rest der Band zu verschmelzen.
Das Video von „All Inclusive“ hinterlässt nicht nur einen Klangeindruck der Session, sondern eignet sich auch hervorragend, um die getrommelten Spezialklänge dieses Songs nachzuvollziehen:
– vom Stil befreites Meinl Kessing auf der mit einem Muffin gedämpften 16″ Superstar-Floortom
14″ Tama S.L.P. Alu Snare mit 12″/14″Muffins, kein Teppich
– Meinl Bongos, tief gestimmt und in Chris Dave Manier auf die Kick gelegt. Die tiefere Trommel trägt einen 10″ Muffin
– 20″ Meinl HCS Practice Cymbal mit Kette
– 14″ Meinl Jazz Hihat + Meinl Waterfall
16″ und 14″ Meinl HCS Practice Cymbal Stack
– mit der Filzseite der VicFirth Dualsticks getrommelt

Tiefenstaffelung

Januar 18, 2023

Neulich in Offenburg machte ich noch eine weitere tolle Erfahrung, die mit dem Parameter Vordergrund-Hintergrund spielt:
Ich legte Steve Reichs „Piano Phase“ auf, ein Klavierstück, das eindeutig rhythmisch und nachvollziehbar beginnt, dann aber aufgrund der Überlagerungen immer wieder sein Tempo verschleiert und ins Unkonkrete transformiert.
Darüber habe ich erstmal eine synchrone Viertel-Kick getrommelt, später mein Pattern zu einem housigen Beat erweitert. Schnell wurde klar, das mein Beat „richtig“ wirkte, auch wenn er längst nichts mehr mit der Zuspielung zu tun hatte. Was nicht schlimm war, denn diese erklang plötzlich nur noch als Textur. Ein Umstand, der sich aktiv mittels EQ (Abschwächung von Höhen und/oder Bässen) verstärken ließ.
Nach einem Breakdown startete ich die „Piano Phase“ erneut. Diesmal aber trommelte ich bewußt in einem völlig anderen Tempo (also out of sync) dazu. Das Ergebnis, also der Umstand, dass das Playback direkt als Textur in den Hintergrund rutscht, war gleich.

Daraus folgere ich: unsere (optisch und klanglich nachvollziehbare) handgemachte Musik hat gegenüber der eher abstrakten Konserve einen Startvorteil. Selbstverständlich spielt auch die Lautstärke eine wichtige Rolle, ebenso die Transienten (der Attack) der spielenden Klänge.
Mittels Volume-Regler, Filter bzw. Equalizer oder einem Hallgerät können wir die Gestalt und Wirkung eines Playbacks derart beeinflussen, um es in den Hintergrund zu verbannen, auch um uns ganz von ihm zu lösen. Somit eignen sich diese Werkzeuge auch bestens für eine Notfall-Strategie (beispielsweise falls mal die Synchronizität verrutscht).

aufgehende Halbmonde

Januar 16, 2023

Neue Impulse durch frische Farben, auf ein buntes Neues!

Um gestärkt die Auflistung der während des Urlaubs und in der letzten Wochen entdeckten Schönheiten anzugehen, lese ich mir erstmal den aktuellen Paris-Rundgang von Verena C. Mayer durch („Aufgehende Halbmonde„), ihre Suche nach dem besten Croissant:
>>Außen sollte es goldbraun und knusprig gebacken sein (sodass es eine nach Karamell schmeckende Kruste bekommt, die beim Reinbeißen aufs T-Shirt bröselt), innen luftig, weich und buttrig (als würde es im Mund schmelzen), keinesfalls aber speckig. Und das Wichtigste: möglichst viele hauchdünne Schichten, die so durchsichtig wie Seidenpapier und elastisch wie Kaugummi sind.<<

Jetzt schnell noch die passende Playlist erstellen und los…

Aus der „Verrückten Geschichte“ kopiere ich den Beitrag zu meinem (gleichaltrigen) Lieblings-Zähler:
>>1972: Graf Zahl (im engl. Count von Count) hat seinen ersten Auftritt in der Sesamstraße. Seine Zählwut ist
keine Erfindung der Show, sondern beruht auf europäischer Folklore. Demnach waren Vampire oft Arithmomanen, die alles zwanghaft zählen mussten.<<
Ebenfalls auf Twitter, DailyMann, Auszüge aus Thomas Manns Tagebüchern.
>>Hier twittert Katia Mann, weil Thomas‘ Tür zu ist. Erika ordnet.<<

Lesens- und überdenkenswerte Gedanken des Soziologen Philipp Staab:
>>Die Anpassung an das, was für die Selbsterhaltung der Gesellschaft nötig ist. Den Verlust zu betrauern, reicht nicht. Das große Menetekel ist der Klimawandel. Auch die Pandemie hat gezeigt, dass die moderne Gesellschaft ihre Steuerungsfähigkeiten überschätzt hat. Deswegen sollten wir aufhören, uns vorzugaukeln, wir würden noch in der Ära des Fortschritts leben. Das tun wir nicht. Wir leben in der Ära der Anpassung. Diese Anpassung ist nicht passiv, sie erfordert Handlungsfähigkeit. Psychoanalytisch ausgedrückt geht es darum, nach der Trauer das Realitätsprinzip zu akzeptieren und die Stärken des Ichs zu entfalten.<<
Zufällig hatte ich neulich in Jakob Arjounis „Magic Hoffmann“ folgenden Satz markiert:
>>Im Anpassen an veränderte Umstände war Fred fast noch besser als im Schmieden unumstößlicher Pläne.<<

Oh weh, und immer wieder Todesnachrichten von musikalischen Ikonen. Doch die vielen sozial-medialen Abschiedsbekundungen ähneln dem Leichenschmaus und helfen beim Verdauen der schrecklichen Überraschungen.
Darüber entdecke ich beispielsweise ein Schlagzeug-Solo von Fred White mit Echo (1979 aus dem Essener Rockpalast) oder Questloves Lieblings-Jeff-Beck-Break („Come Dancing„) sowie folgendes Vivienne Westwood Zitat aus dem Interview des SZ-Magazins:
>>Dieses Gewese um Schönheit wird immer unerträglicher.
Die Menschen sollten sich mehr anstrengen, weniger dumm zu sein, denn das würde sie am besten kleiden. Das empfehlenswerteste Accessoire ist ein Buch.<<

Apropos Jeff Beck: sein Vermächtnis des virtuosen Regelbrechens möchte ich hier nochmals gesondert erwähnen. Sei es das gefühlvolle Intonieren mit Fingern und Hebel, manuell eingeblendete Sounds („violining“), fragile Flageoletts oder Rock’N Roll (er) mit begnadeten Fusion-Virtuosen (seine Mitspieler).
>>Ich schere mich nicht um die Regeln. Vielmehr ist es so, dass wenn ich nicht in jedem Song mindestens zehnmal die Regeln breche, ich meinen Job nicht richtig mache.<<


Und hier noch ein Clip aus der „Guitar Shop“ Zeit mit stylisch-aktivem Terry Bozzio:

Schließlich noch etwas Gear-Talk:

Dan Mayo hat sich ein neues (kleineres) Reise-Effektbrett zusammen gestellt*, Ralf C. Mayer liebt das Vertigo VSE-4 PlugIn und Soundgas vertreibt einen Klon des (durch King Tubby berühmt gewordenen) Altec 9069B High Pass Filters (Audio Merge KTBK-1B).

* Eria Synth Acidbox III und Fusionbox, Chase Bliss Generation Loss und Blooper, EHX POG2, Mattoverse TremStortion

Lehrer!

Juli 17, 2022

Durch Zufall heute John Maedas „Simplicity“ aufgeschlagen und bei dieser Kurzgeschichte gelandet:

Die Lehrer-Story passt bestens zu meinem Freitag-Vormittag-Kaffee mit Wolfgang Haffner. Über Volker Kriegel sind wir nämlich bei Wolfgangs Wurzeln gelandet, bei den Trommlern Evert Fraterman (Lehrer #2, mehr Pop) und Harald Pompl (Lehrer #1, mehr Jazz, eigentlich ein Doppelkünstler: >>der Mann ist Bildhauer*, auch am Schlagzeug<<), natürlich auch bei Mentor Albert Mangelsdorff (>>Glaub nicht, dass Du was Besseres bist als der Handwerker nebenan<<).


Im direkten Anschluss dann mit der Bahn ins Waldstadion, Lehrstunde in puncto Megakonzert-Drumming von Flo Dauner! Klar , geradlinig, kompakt – mit ausgewählten Energieausbrüchen!

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Wenn im Interview mit einem Field-Recording-Artist Sätze fallen wie dieser –
>>Ich habe das Gefühl, dass die Grundprinzipien des Westens animalisch sind und auf dem Konzept von Rebellion und Eroberung bauen. Es wird viel Druck auf Leute aus dem Medienbereich ausgeübt, so wie DAWs Druck auf Sound ausüben.<<
dann habe ich Lust, mitzudenken und einzutauchen. Auch so darf gelernt werden…
Alles weitere im Ableton Künstler-Portrait „SUGAI KEN: Stille, Natur und Tradition in Field-Recordings„. 

In Instagram folge ich nach mehreren überraschenden Stolper-Quadraten den vintage.drum.catalogs. Hey, ich hatte mich immer schon gefragt, ob es je eine gefertigte Concert-Kick gab. Und ja, gab es, sogar mit einem verchromten Ring für den eleganten Abschluss.
Das Slingerland „Pop“ Outfit aus dem Jahr 1977.
Wieder Wissen!

Wer sich für die implementierte KI des Ozone 9 Mastering PlugIns interessiert, kann sich dort einlesen.
Und wer sich mehr für „The Philosophy of Bass“ erwärmen mag, schaut hier:

* a propos, Pompl, der Bildhauer. Hier noch ein schönes Zitat aus einer anderen Ableton-Folge:
>>Sound ist ein Block Lehm, und der EQ ist der Bildhauer.<<

Footswitch Audio Control

April 20, 2018

Bei Luminos W haben wir einen gut funktionierenden Kunstgriff etabliert, dank dem ich mit einem Fußtaster die Summe eines weiteren (also Peters) Ableton-Rechners klanglich (via EQ) und rhythmisch (via Hacken-Groove meines linken Beins) traktieren kann.

Im Luminos W Kontext funktiert die Fußsteuerung durch das iRig BlueBoard, welches den Anschluß von zwei traditionellen Schaltern, Tastern oder Expressionpedalen zulässt.

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Dieser Ansatz klappt aber auch, wenn man den bloßen Taster direkt in einen freien Audioeingang des Interfaces steckt, dessen Audiosignal (im Interface und im Ableton) via EQ bearbeitet und schließlich als Sidechain-Trigger zweier Returns (die jeweils mit einem Gate bestückt sind) verwendet.

 

Meinen Ableton 9 „Footswitch Control“ Song kannst du hier herunterladen.
Yeah – Interaktion!

frEQuenzbewusstes Groovedesign

Dezember 10, 2016

Hier mal die Bestandteile meines persönlichen Klang-Regenbogens, frequenzmäßig strukturiert und entlang des typischen Tonsprech nach Tiefen, Mitten, und Höhen gestaffelt.

Frequenzbeweusstes-Groovedesign_FOLDED.jpg

Durch die gezielte Auswahl und Stimmung unserer Instrumente lassen sich die Bestandteile des Drumsets derart schichten, dass jeder Klang seinen Platz hat.

Je mehr Beteiligte desto mehr mögliche Überschneidungen gibt es. Diese Problematik lässt sich zum Teil spielerisch* lösen – wann platziere ich welchen Sound oder welche Klangkombination – aber auch technisch:
Equalizer helfen beim Aufräumen, in dem störende Frequenzen abgeschwächt werden. Auch die Verteilung im Panorama kann Platz schaffen. Und schließlich können via Trigger oder Audio-to-Midi zusätzliche Samples fehlende Informationen beisteuern.

Um ein Gefühl für die typischen Frequenzbereiche von Kick, Snare, Toms, Hihat und Becken zu bekommen, finde ich es hilfreich in den Presets namhafter PlugIns nachzuschauen, was dort so gezogen und angehoben wird.
Es gibt zwar online diverse Tutorials für den ersten Überblick, aber keine klaren Richtlinien, so dass selbst schon die Einteilung der Frequenzbänder für Verwirrung sorgt (ich habe für meine Collage die Klangeigenschaften und Hz-Zahlen hier entnommen). Zudem gibt es zig Klangvarianten für jedes Instrument, für jedes Genre, so dass letztlich wieder mal nur unsere Ohren und unser Geschmack (egal, welche Regeln dadurch verletzt werden) zählen.

Frequenzbeweusstes-Groovedesign_.jpg

PS. in welchem Frequenzbereich sich DEIN Equipment tummelt, kannst Du z.B. mit dem Freeware PlugIn Voxengo Span ermitteln.

PPS. *spielerisch kann auch der umgekehrte Weg  – reverse engineering, eh klar – beschritten werden, indem Du z.B. versuchst einen Groove, so zu gestalten, als ob er durch einen Hochpassfilter (oder Tiefpassfilter) geschickt würde…